Eye Poetry Kreatives

Auf der Suche nach dem schöpferischen Funkenschlag

8. Mai 2017

Im April erhielt ich auf meine kreative Challenge “Eye-Poetry”  einen leider gänzlich anonymen Kommentar. Wenn ohne Namen kommentiert wird, nehme ich mir die Freiheit heraus, grundsätzlich nicht zu veröffentlichen, egal was geschrieben wird.

In diesem speziellen Fall war es besonders schade, denn die Schreiberin/der Schreiber sprach da ein Thema an, dass mich selber oft betrifft.
Anknüpfungspunkt war mein Satz bezüglich der Challenge:

“Es gibt keinen falschen oder richtigen Zugang, sondern nur einen ganz persönlichen. Es geht nicht um Perfektionismus, sondern um kreatives Schaffen, Spaß, Inspiration.
Jeder wählt die Form, die ihm gerade passend erscheint, an der er Spaß hat, wofür er gerade die Zeit übrig hat.
Und manchmal ist dann vielleicht auch der Zufall im richtigen Moment zur Stelle.”  

Die/der Kommentartor/in meint dazu […] “Dann kann ich täglich darüber meditieren und vielleicht vielleicht endlich den nörgelnden Kritiker in mir zum Schweigen bringen, der jeden schöpferischen Funken erstickt, bevor eine wärmende Flamme erwächst. Ich lerne wieder hoffen. […]”

Kennt Ihr diesen beschriebenen nörgelnden Kritiker in Euch auch?
Ich schon.

Wie einfach war es als Kind, da habe ich mit großer Begeisterung gemalt und gezeichnet. Im Grundschulalter musste ich lange im Krankenhaus liegen und zeigte meinen Eltern stolz, dass im Krankenhausflur mehrere Bilder von mir aufgehängt worden waren. Mitschüler baten mich um Hilfe, wenn zum Beispiel die Aufgabe lautete, das Wappen von Nordrhein-Westfalen zu zeichnen – springende Pferde malen, war doch ein Kinderspiel…  Noch heute kann ich mich an mein grandioses Wassermalfarbenbild in der Schule erinnern: knallblauer Himmel, sattgrüne Wiese mit schwarzweiß gescheckten Kühen. Der irritierte Blick der Lehrerin störte mich überhaupt nicht. Ha! Was für Farben!

Die große Zäsur kam mit dem Übergang ins Gymnasium. Was habe ich schon im ersten Jahr dort im Kunstunterricht gelernt?  Eine künstlerische Arbeit, sei sie auch noch so gut, aber nicht zum Abgabetermin (in den Augen des Lehrers) komplett fertig, wird mit einem “ungenügend” benotet. Kunst hat nichts mit Spaß zu tun und schon gar nichts mit kreativen Funken.
Dass mich Kunst und Kunstgeschichte eigentlich doch berührte und sehr interessierte, merkte ich erst (wieder) in der Oberstufe, traute mich aber nicht mehr, einen prüfungsrelevanten Kurs zu belegen.
Inzwischen hatte sich längst der nörgelnde Kritiker mit der Schere in meinem Kopf festgesetzt und haust seit Jahrzehnten da oben.

Beim Nähen kann ich ihn mittlerweile übertönen und mich kreativ austoben: passt schon, ist mir doch egal, ich lass das jetzt so!!! (Ganz lieben Dank an die beiden Lockenmädchen, die alles anziehen, was ich ihnen nähe!!! Noch.)
An anderen Stellen bin ich ihm entkommen, weil ich in Bereichen tätig war, die er nicht kannte (aus meiner Schulzeit): z.B. in der Theaterpädagogischen Arbeit mit Kindern, beim Fotografieren.

Aber wenn ich auf manche Blogs blicke, die ich so gerne lese, und die wunderbaren kreativen Werke bewundere, die da von den BloggerInnen geschaffen werden, dann bin ich mir sicher, so etwas nicht zustande bringen zu können.

Deshalb fand ich mich selber recht verwegen, als ich Anfang des Jahres wagte, die “Eye-Poetry”-Challenge ins Leben zu rufen. Auch für mich ist sie immer wieder eine Herausforderung. Literatur ist für mich sicheres Terrain – der Sprung in den Pool der kreativen Gestaltung eine Überwindung…

Für das April/Mai-Thema würde ich nur zu gerne eine Choreographie schreiben. Ein Kinderspiel!
Stattdessen werde ich mich an eine Collage wagen (“Das kannst Du gar nicht. Dir fällt nix dazu ein,” jammert der Nervtöter im Kopf schon wieder). Sei’s drum.

Wie geht es Euch damit?
Seid Ihr schnell im kreativen Flow oder geht es Euch wie mir?

  • frau nahtlust 8. Mai 2017 at 6:45

    Ich versuche mich auch ständig, von dem inneren Kritiker wegzubewegen. Vor allem beim Zeichnen schlägt er zu. Das kann ich einfach nicht, behaupte ich oder er oder wir beide. Aber manchmal schaffe ich es, diese Stimme zu überwinden und einfach zu tun. Nicht immer ist das dann so, dass es mir im Anschluss gefallen würde, aber der Prozess war schön. Und das ist dann mitunter mehr Wert.
    LG. Susanne

  • Rotkraut 8. Mai 2017 at 7:41

    oh ja, der innere Kritiker den kenne ich sehr wohl. Ich habe 40! Jahre gebraucht um über meinen Schatten zu springen. Jetzt wo der Bann gebrochen fällt es leichter, nicht leicht – dazu hat man schließlich zu lang mit dem Kritiker unter einem „Dach“ gelebt. Wenn es aber gelingt ihm die Tür zu weisen und dem Bauch, der Seele das Kommando übergibt, so ist dies ganz wunderbar, egal wie das Endresultat dann aussieht. Man hat etwas ganz eigenes geschaffen aus sich heraus ohne irgendwelche äußeren Kriterien und nur darauf kommt es an!!!

    Herzliche Grüße

    PS: auch wenn es „altbacken klingt aber etwas Wahres ist daran: Übung macht den Meister
    also schick den Kritiker in die Wüste und sei kreativ der Flow kommt dann von ganz alleine!!!

  • gretel 8. Mai 2017 at 8:51

    "Es gibt keinen falschen oder richtigen Zugang, sondern nur einen ganz persönlichen. Es geht nicht um Perfektionismus, sondern um kreatives Schaffen, Spaß, Inspiration……" Dieser wunderbare Satz ist eigentlich ähnlich meinem gesamten Lebensmotto. Ehrgeiz ist ein Zug, der bei mir sehr gering ausgeprägt ist. Deshalb habe ich auch selten innere Kritiker, unperfekt ist bei mir normal. Dass Schule Kindern und Jugendlichen einen freien Umgang mit Kunst verleiden kann, das hört und erlebt man leider sehr oft…
    Schon deine Challenge selbst erzählt von so viel Kreativität und die Umsetzung aller Mitstreiter ist herrlich vielfältig…
    Liebe Grüße

  • froebelsternchen Susi 8. Mai 2017 at 8:56

    Na ja, ich hatte den inneren Kritiker auch jahrelang immer irgendwie im Nacken sitzen, aber das Kind in mir hat ihn ganz oft zum Schweigen gebracht. Ich pfeiff mich jetzt nicht mehr so viel ..aber trotzdem bin ich sagen wir mal EHRGEIZIG und will schon gern immer Sachen machen, die mir selbst gut gefallen.
    Dadurch, dass ich ganz viel werkle – ich brauch das als Ergotherapie – und auch viele Workshops mitmachte,und eigentlich immer am Dazulernen bin – mein ganzen Leben, fühle ich mich immer wohler und technisch versierter von Jahr zu Jahr.
    Weil ich dadurch,dass ich viele Techniken kennengelernt habe, mir meist immer helfen kann, wenn mal was nicht nach meinem Geschmack läuft.
    In der Schule hatte ich Glück , mein letzter Kunstlehrer( den ich 4 Jahre hatte) war wunderbar und ich durfte mich austoben … wären nur alle Lehrer so toll gewesen wie er.♥
    Kunst war immer mein Lieblingsfach neben Sport.

    Ich finde es toll dass Du Eye-Poetry machst, wenn ich auch nicht immer dabei bin!
    Liebe Grüße
    Susi

  • Astrid Ka 8. Mai 2017 at 9:10

    "Jedes Kind ist ein Künstler. Das Problem besteht darin, wie es ein Künstler bleiben kann, wenn es aufwächst." Picasso hat es auf den Punkt gebracht, wo das Problem liegt: bei den Erziehenden. Aber da liegen viele Probleme. Oder – anderer Blickwinkel – Erwachsenwerden ist ein Hindernislauf, ohne Schädigungen meist nicht möglich. Selbst die, die es theoretisch wunderbar begriffen haben, z.B. Alice Miller, scheitern an der eigenen Praxis. So what! Machen!
    Umgekehrt geht es übrigens auch: Man kann einem das schöpferische Tun auch verderben, indem man ständig alles Mögliche Großartige in Werke hineininterpretiert. Selbst erlebt, deshalb dann nur Kunsterzieherin geworden. Aber hoffentlich auf diesem Gebiet nicht so ein Versager, wie es immer wieder so vielen Kollegen vorgeworfen wird. Ich hoffe auf jeden Fall, dass vielen meiner Schüler künstlerisches Tun als Form der Selbstvergewisserung, vor allem auch in menschlichen Krisensituationen, zur Verfügung steht.
    Lass dich nicht erweichen, bleib bei der Sache!
    Herzlichst
    Astrid

  • Katala 8. Mai 2017 at 9:27

    Diesen Nörgelfried, diesen bösen kleinen Teufel kenne ich nur zu gut. In der Schulzeit hat er im Hirn Platz genommen und herrscht seitdem über mein Tun. Es ist so schwer, ihn zu ignorieren, die Ohren vor seinem ständigen Herumkritteln zu verschließen. Aber ich wehre mich standhaft in der letzten Zeit. Und je mehr Spaß ich habe, desto leiser wird er.
    Doch bei Deiner Mai-"Eye-Poetry"-Challenge schlägt er wieder heftig zu. Ich habe Bilder im Kopf und weiß, dass ich sie nicht umsetzten kann. Aber ich versuche es. Mal schauen, ob etwas dabei herauskommt.
    Lieben Gruß und eine feine Woche
    Katala

  • Astrid (ach_gott) 8. Mai 2017 at 17:41

    Tja, das ist der Grund warum ich mich auch nicht als Künstler oder als kreativ bezeichne, wenn ich nähe oder stricke. Ich bin Handwerker. Ich arbeite Sachen nach, die andere sich ausgedacht haben.
    Einen schwerer Fall von Nörgelitis …

    Ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Deiner Eye-Poetry-Challenge!

    LG Astrid

  • mano 8. Mai 2017 at 20:37

    für mich ist die eye-poetry eine echte bereichung und ich bin froh, dass du sie ins leben gerufen hast! ich habe fast mein ganzes leben unter dem handarbeitsunterricht in der schule gelitten und immer wieder hat mein innerer zensor mir gesagt, dass ich nicht nähen, häkeln, sticken kann. erst dank der free-stitching-bewegung bin ich mutig geworden und habe heute viel spaß daran und traue mich einfach neues auszuprobieren. dank meines relativ großen fundus an papier, stoffen u.a. sachen hab ich immer viel inspirationsmöglichkeiten.
    mach einfach und schick den kritiker zum teufel ;-)!
    liebe grüße
    mano

  • Angelika 8. Mai 2017 at 21:24

    Oh ja, die kenne ich auch, diesen Herrn Kritiker oder die Frau Kritikerin.
    Sie erlauben sich, Postings nicht zu veröffentlichen, ja manchmal gar nicht zu schreiben oder auch, sie wieder zu löschen.

    Die eye-poetry löst in mir übrigens unglaubliche Ideen aus.
    Jetzt im Mai möchte ich übrigens am liebsten eine Geschichte schreiben. Da sagte Frau Kritikerin neulich, dass das nicht geht. Weil, da steht nämlich, dass das was fürs Auge sein soll, Bild, Foto, Collage, … von Geschichte oder Text stehe da nichts.

    ….aber Buchstaben sind doch auch fürs Auge sichtbar. …

    Das ist die erste eye-poetry bei der es nicht so richtig fliesst, weil, sooo geht das ja nicht, Geschichte, Texte, Gedichte, Thema verfehlt. …

    Ich gehe dann mal schreiben.

    • Andrea_B 9. Mai 2017 at 11:01

      Naja, das lässt sich ja alles ein bisschen hinbiegen. Auch Schrift kann ein Genuss fürs Auge sein, wenn dann noch mit speziellen Inhalt gefüllt, um so besser 😉
      Liebe Grüße
      Andrea

  • verfuchstundzugenäht 9. Mai 2017 at 18:07

    Ich glaub ja, dass mein Beruf da ein recht guter Lehrmeister ist. Es als Lehrerin allen recht zu machen ist schier ein Ding der Unmöglichkeit. Ich gebe mein Bestes – und das muss dann aber auch mal reichen. Ich habe als Volksschullehrerin von ganz vielen Dinge ein wenig Ahnung. Egal welches Themngebiet du anreißt – ein wenig was kann ich immer dazu sagen. Ich weiß aber auch, dass ich zwar viel weiß – aber überall nur ein bissl. Und wenn man diese Scheu mal abgelegt hat, dass man etwas ganz durchdrungen und verstanden haben muss bevor man drüber reden kann… dann tut man sich auch mit dem Zeigen eigener Werke leichter. Denn wenn ich in der Schule nur jene Fragen beantworten würde bei denen ich mir ganz sicher bin… das wäre ein schweigsamer Vormittag. Eine handvoll Themen des heutigen Vormittags zum Verdeutlichen: österreichische Straßenverkehrsordnung, Landesgrenze zwischen Steiermark und Niederösterreich, nominalisierte Verben, Begleitung in G-Dur, Brüche, wie oft legen Amseln Eier, wie funktionieren die Sender an den Störchen, weshalb hat sich der Bildschirm um 90 Grad gedreht, englische Zahlen bis Hundert… ich hör jetzt einfach mal auf. Ende war da noch lange nicht. Udn ja, ich hab alles beantwortet, gemeinsam gesucht,… manches souveränder als anderes. Aber du siehst ich bin in Übung.

  • Nicole/Frau Frieda 9. Mai 2017 at 18:46

    Ich war immer eine Niete im Kunst- oder Handarbeitsunterricht. Meine weißen Topflappen für meine Mama waren als sie fertig waren krumm und schief und mausgrau.. ich hätte doch besser meine Hände waschen sollen 😉 Beim Kunstunterricht habe ich über den Rand gemalt und beim Töpfern war die Glasur nie blasenfrei. Dennoch habe ich nie aufgehört mich auszuprobieren. Meine Barbies hatten alle selbstgenähte Kleider und gehäkelte Strickjacken – "haute couture" sozusagen ;)) Ich habe alle Vorhänge im Haus selbstgekürzt (hihi.. als ob das eine Kunst ist) und ab und an gelingt mir eine kleine Werkelei. Doch ich bin zufrieden, wahrscheinlich weil ich meinen inneren Nörgler einfach ignoriere ;)) Lange Rede – fast gar kein Sinn: danke für Deine Challenge. Ganz liebe Grüße, Nicole

  • siebenVORsieben 10. Mai 2017 at 7:58

    Ich musste sofort an meine Bastelkurse denken, die ich an der Schule gebe. Da sind manchmal Kinder dabei, die so wundervoll kreativ sind. Die halten sich kein bißchen/kaum an meine "Vorgaben", sondern kreieren völlig neue Dinge. Das klappt nicht immer, aber oft kommt was ganz Wunderbares heraus. Und ob es klappt oder nicht, ich bin jedes Mal begeistert, wenn sich ein Kind kreativ auslebt und was ganz neues einfallen lässt. Und dann musste ich oft daran denken, dass genau diese Kinder bestimmt schlechte Noten in der Schule bekämen, wenn sie sich nicht genau an die Vorgaben halten. Auch in Kunst oder Werken. Ich finde das sehr schade, da wird so viel kaputt gemacht.
    Liebe Grüße
    Jutta

  • Magdalena 10. Mai 2017 at 19:06

    Wir kennen ihn wohl alle, diesen Herrn von und zu Nörgel. Früher hatte er mich sehr unter Kontrolle. Aber je älter ich werde, desto winziger wird er. Weiter viel Freude wünsche ich Dir bei allen kreativen Ideen.
    LG
    Magdalena

  • Karin Be 23. Mai 2017 at 19:21

    Was für ein Dilettant an Kunsterzieher mit null Ansatz an Kunstpädagogik, Empathie und gesundem Menschenverstand!
    Für mich ist es immer wieder furchtbar, wenn ich in einer neuen Klasse Kunst unterrichte und erst die ganzen Bremsen in den Kinderköpfen ausbauen muss! Bilder hübsch und korrekt ausmalen zu können ist auch wichtig, aber nicht Kunst. Punkt! Ich schwanke in meinen Emotionen bei Aussagen, wie "Ich kann nicht malen/zeichnen!". Die SchülerInnen können ja nichts dafür. Dagegen äußere ich meinen Unmut inzwischen sehr deutlich wenn ich als ausgebildete Kunstlehrerin bei einem Deputat von 28 Unterrichtsstunden vielleicht einmal zwei, manchmal sogar vier Stunden Kunst in der Woche unterrichten darf. Kunst kann ja bekanntlich jede/r.
    Genug des Unmuts.
    Collagen sind optimal gegen die Nervtöter im Kopf, bei anderen 😀 nicht bei mir! In diesem Bereich steckt bei mir ein ordentlich platziertes Nädelchen, das in meiner Ausbildung gesetzt worden ist! Vielleicht schaffe ich es gerade deshalb mithilfe von Collagen die Blockaden bei meinen "Kindern" zu lösen. Wer weiß.
    Mit einer Klasse "empfinde" ich gerade Kunstwerke nach und es war eine verflixt schwierige Überzeugungsarbeit manch angefangenes Bild vor dem Mülleimer zu retten. Jetzt, nach der Fertigstellung ist zu sehen, wie toll ganz viele Bilder in ihrer "Unperfektion" sind.
    Tja, und jedes Mal wenn ich mich durch die Beiträge der Eye Poetry durchklicke werde ich ein wenig traurig, denn mir fehlt die Muße an einer Teilnahme.
    Viele liebe Grüße und Du kannst Kunst,
    Karin