Was für eine Freude, wenn Katja wieder einen neuen Beitrag auf ihrem Blog „Raumfee“ veröffentlicht hat. Was ich daran schätze? Ihre unkonventionelle Sichtweise, den ganz eigenen Stil und den Mut, auch mal Stellung zu beziehen. Mit klaren wohltuenden Worten, die einem zum Nachdenken bringen.
Alle Sinne scheinen bei Ihr offen und auf Empfang, wenn sie uns durch die Natur und spezielle Orte in ihrer Heimat führt und dies in Wort und Bild einfließen lässt. Das ergibt immer wieder spannende, interessante und höchst inspirierende Themen.
An ihren kreativen Ideen mag ich besonders, dass sie die Schönheit und Klarheit der reduzierten Form herausstellt. (Ganz vernarrt bin ich immer noch in ihren heringslastigen Flur…).
Dann übergebe ich jetzt mal das Wort an Katja. Und – lieben Dank, Katja, dass Du Dir die Zeit genommen hast und heute hier bist!
1 Erzählst Du uns ein bisschen von Dir? Was machst Du so, wenn Du nicht bloggst?
Alles. Was heißt, dass es neben meinem Hauptbroterwerb als Innenarchitektin kaum etwas gibt, für das ich nicht zuständig bin in unserem Kleinfamilien-Haushalt und was ich nicht auch mache oder mich zumindest daran versuchen muss. Als Mutter eines Elfjährigen, den ich alleine großziehe, bin ich natürlich fürs Mamasein, Kindererziehung, Mutterliebe, Kleidungsbeschaffung, Chauffeurdienste, Hausaufgabenbetreuung und anderen Schulkram zuständig, dann natürlich für den Haushalt mit Ordnung halten, Putzen, Waschen, Einkaufen, Kochen, für alles Handwerkliche wie Reparatur- und Renovierungsarbeiten, verstopfte Abflüsse, Versorgung der Haustiere, das Auswechseln von Glühbirnen und kleinere Autoreparaturen, Tanken, Wohnung einrichten, Mietangelegenheiten, Steuererklärung, Versicherungen und sonstige Bürokratie, Geschenkebeschaffung, Pflege von familiären Kontakten und die Wochenendgestaltung. Alles eben. Reißen tue ich mich nicht um alles, aber es muss ja gemacht werden und Delegieren-Können ist nicht immer eine Frage des Wollens, sondern auch des Geldbeutels.
Wenn ich trotz allem mal ein kleines bisschen Freizeit habe, dann mache ich gerne Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung, lese Romane über spannende Menschen oder Bücher über Themen, die mich gerade interessieren und im allergünstigsten und absolut seltensten Fall tue ich… gar nichts. Weil das so gut wie nie möglich ist, da die Liste der noch zu erledigenden Dinge immer so unendlich lang ist, genieße ich das besonders.
2 Wie hast Du zum Bloggen gefunden und worüber bloggst Du am liebsten? Spontan
oder geplant?
Ursprünglich sollte der Blog ein berufliches Werbeinstrument werden. Schnell wurde mir aber klar, dass ich zu diesem Zweck ganz anders und viel kommerzieller bloggen müsste, als ich das gerne tue – und das ist mit „Müssen“ verbunden. Nach einem langen Arbeitstag voller „Müssen“ habe ich aber keinerlei Motivation zu noch mehr Pflicht, sondern möchte mich als Ausgleich dazu auch mit Dingen beschäftigen die schön sind, die mich glücklich machen, berühren, aufregen, beruhigen und die mir einfach guttun und meinen Kopf beruhigen. Das sind unsere Wochenendausflüge und Reisen, die Natur in jeder Form, der Himmel mit seinem wechselnden Schauspiel, gutes Essen, natürliches Wohnen und kreatives Schaffen.
Meine Blogposts entstehen – abgesehen von der samstäglichen Himmelssammlung – meistens spontan. Ich muss schon im Leben 1.0 genug planen, da soll der Blog ein Stückchen Freiheit bleiben. Nur für die Zeit eines Urlaubs, da plane ich meistens dann doch etwas vor, denn Urlaub heißt für mich bewusst entschleunigte, analoge Zeit.
3 Du lebst in Fürth und schreibst sehr gerne über Ausflüge in die Umgebung. Wie
würdest Du den Begriff Heimat verorten, was bedeutet sie Dir? Könntest Du Dir
vorstellen, woanders zu leben?
„Heimat“
hat auf meinem Blog nicht ohne Grund eine eigene Rubrik und das zeigt schon, dass mir dieser Begriff etwas bedeutet. Und doch ist “Heimat“ für mich inhaltlich sehr weit gefasst. Das bedeutet, es betrifft nicht einen bestimmten Radius rund um meinen Wohnort, sondern es ist für mich an eine bestimmte Form von Landschaft und an ein inneres Gefühl geknüpft, das sich für mich einstellen muss, um mich irgendwo heimatlich zu fühlen.
Landschaftlich ist das Heimatgefühl für mich verortet mit üppiger natürlicher Vegetation, Wäldern, einer hügeligen bis bergigen Landschaft, kleineren Ortschaften, keiner großen Hitze und viel Wasser in Form von Meer, Seen oder Flüssen und Bächen. Solche Landschaften gibt es deutschlandweit viele und nicht nur da – deshalb enthält meine Heimatrubrik auch Landstriche in der Schweiz, am Bodensee oder im Allgäu und selbst im südlichen Europa und in der Karibik gibt es einige Gegenden, in denen ich mich sehr heimatlich wohl gefühlt habe und mir
vorstellen könnte zu leben. Und das ist der zweite sehr wichtige Punkt am Thema „Heimat“, der entscheidet, ob ich mich an einem Ort heimatlich fühle oder nicht: die weichen Faktoren. Wie ist das Lebensgefühl einer Region, wie leben die Menschen dort, wie gehen sie miteinander um und auf einen zu? Entspannt, hektisch, freundlich, misstrauisch, offen, verschlossen, direkt, hintenrum, herzlich, verbindlich? Ich fühle mich heimisch in Regionen, in denen die Menschen entspannt sind und offen, direkt und freundlich auf einen zugehen. Das führt dazu, dass ich mich schon in mancher Region heimisch gefühlt habe, die geografisch weiter von meiner Heimat entfernt liegt.
Schließlich bedeutet Heimat für mich aber auch einen Ort, an dem man sich sicher und aufgehoben fühlt und von dem man nicht einfach so vertrieben werden kann – wie wichtig gerade das ist, wird mir gerade mit dem Vorschlaghammer beigebracht.
4 Wo findest Du Inspirationen für Deinen Blog und Dein kreatives Schaffen?
Da ich auf meinem Blog die Dinge zeige, die ich sowieso tue, die mich umgeben und die mir im Alltag oder am Wochenende begegnen, muss ich nicht wirklich nach Inspirationen suchen. Ich zeige dort einfach das, was mich berührt und mir gefällt.
Der Stil alldessen was aus meinen Händen entsteht ist ebenso wie unser Zuhause geprägt durch die Welt um mich herum, durch die Natur und ihre Farbklänge und Formenkanons. Was Augen, Ohren und Händen im „Draußen“ gut tut, versuche ich in übertragener Form auch im Inneren umzusetzen – weil ich mich nur noch mit Dingen umgeben möchte, die ich mag.
5 Mit viel Freude führst Du uns auf deinem Blog in Welt der Geologie ein,
Gesteine scheinen Dich zu faszinieren. Wie bist Du auf das Thema gekommen und
was bedeutet es Dir?
Schon als Kind war ich von der Schönheit der Steine fasziniert und habe besondere Exemplare in einer kleinen Schatulle gehütet. Im Kleinwalsertal habe ich Jaspis gesammelt und poliert, im Schwarzwald Quarz und Malachit, in der Schweiz Bergkristalle und märchenhaft
glitzernden Gneis, im Altmühltal Versteinerungen, auf Rügen Feuersteine oder am Donaustrand wunderschön geäderte Kiesel. Erdgeschichte fasziniert mich schon immer und die vielen unterschiedlichen Gesteinsarten und Mineralien, aus denen unsere Erde besteht, sind einfach unglaublich… und schön anzusehen. Irgendwelche Steine wandern immer in meine Taschen. Ich wäre gerne auch Geologin geworden.
6 Du bist sehr vielseitig interessiert und kommst gerne ins Tun. Gibt es noch
etwas, was Du noch nie ausprobiert hast, aber es noch unbedingt erlernen
möchtest?
Fliegen. Also nicht mit irgendwelchen Hilfsmitteln, die versagen können, sondern durch Rudern mit den Armen. Ja, ich weiß, dass ist genauso unmöglich, wie Unterwasser atmen zu können, aber das würde ich beides wirklich so gerne können. Von den theoretisch realisierbaren Dingen würde ich gerne einen großen Garten anlegen dürfen – wild und natürlich aussehend, mit Schwimmteich, Feuerstelle und Laube.
Tatsächlich fällt mir sonst absolut nichts ein, was ich noch nicht ausprobiert hätte und was mich noch reizen würde zu lernen. Ich bin kein Sensation Seeker und erkenne absolut keinen Reiz darin, mein Leben absichtlich in Gefahr zu bringen, weil ich finde, das Leben ist das höchste Gut, schon lebensgefährlich genug und Aufregung und Herausforderung bietet mein Alltag bereits in ausreichender Menge – weshalb mich Extremsportarten oder alles potentiell Riskante nicht wirklich reizt. Genauso wenig übrigens wie viele technische Spielereien, da fehlt einfach das Interesse.
7 In welchen Momenten schwimmst Du gern gegen den Strom?
Was motiviert Dich dabei?
Generell bin ich absolut kein Herdentier und finde mich oft dabei wieder, genau das andere zu wollen als die meisten um mich herum. Nicht absichtlich aus diesem Grund gewählt, sondern weil meine Meinungen, Interessen oder Bedürfnisse oft einfach nicht massenkonform sind.
Ich mag keinen hohen Geräuschpegel, Gestank, Gedränge, Rücksichtslosigkeit, Behinderung meines Freiraums und Beeinträchtigung meines Ruhesuchens und deshalb auch keine großen Menschenansammlungen. Sie sind mir zu laut, zu fremd, zu hektisch, suspekt, rücken mir zu sehr auf die Pelle, engen mich ein, machen mich aggressiv. Deshalb schwimme ich schon allein im wörtlichen Sinne meistens gegen den Strom der Menge. Ich bin am liebsten dort, wo die wenigsten Menschen sind und ihre Spuren hinterlassen haben, maximal mit den wenigen Menschen zusammen, die mir am Herzen liegen. Messen, Großveranstaltungen, Konzerte und Vorträge meide ich deshalb nach Möglichkeit ebenso wie Strände im Sommer und Berge im Winter.
Ob meine Meinung zu einem Thema der Meinung der meisten entspricht ist mir schon lange nicht mehr wichtig. Meinungen bilde ich mir nicht leichtfertig und deshalb fällt es mir dann auch nicht schwer, dazu zu stehen. Das alles aber eben nicht bewusst gewählt, um anders zu sein oder um ein Statement zu setzen, sondern aus Überzeugung, weil es mir und meinem Adrenalinspiegel nicht guttut dieser zuwiderzuhandeln und weil ich inzwischen einfach zu alt bin, um nach Massenkompatibilität zu lechzen. Meine Mutter meinte früher allerdings schon immer, ich wäre ein Contra. Womöglich hatte sie auch Recht.
8 Welche Themen würden Dich für Deinen Blog noch reizen?
Wie wichtig sind Dir dabei gesellschaftspolitische Anlässe?
Das kann ich vorausschauend gar nicht sagen. Mein Interesse ist sehr spontan und worauf es fällt, darüber berichte ich dann auch. Ob nun Vulkanismus in Deutschland, eine bestimmte Landschaft, Gedankenfasten oder altes Brauchtum – was mich interessiert, könnte vielleicht auch meine Leser interessieren und deshalb schreibe ich dann auch etwa darüber. Momentan lese ich sehr viel über Ernährung, Kraftorte in der Natur und das Wechselspiel zwischen Mensch und Erde, Nahrung und Gesundheit, Ursache und Wirkung – dieses
Spannungsfeld zwischen beweisbarer Physik, Eigenverantwortung, Bauchgefühl und Psychosomatik fasziniert mich sehr – deutlich mehr als der neueste Dekotrend. Vielleicht kommt also bald auch dazu etwas mehr auf meinem Blog.
Gesellschaftspolitische Themen nehme ich dann auf, wenn ich sie sehr wichtig finde, sie mich betroffen machen, die Politik meiner Meinung nach nicht klar genug Stellung dazu bezieht oder sie mich – ganz egoistisch – selbst in starkem Maße betreffen oder beeinträchtigen. Die staatlich legalisierte Modernisierungsumlage, die die Mietpreisdeckelung aushebelt und Investoren die Möglichkeit gibt, legal über die Hintertür ganze Stadtviertel zu entmieten, zu gentrifizieren, um Wohnungen dann zu immens höheren Preisen neu vermieten zu können,
die regt mich gerade unglaublich auf – weil ich selbst davon betroffen bin und weil ich es eine Ungeheuerlichkeit finde, dass so etwas von Regierungsseite sogar noch unterstützt wird.
9 Welche Blogs inspirieren Dich?
10 Wenn keiner hinsieht, dann…
.. laufe ich auch schon mal den ganzen Sonntag im Schlafanzug herum und frühstücke um 12 Uhr mittags vor dem Fernseher.
11 Dania, deren Blog im Juni hier vorgestellt wurde, hat sich für Katja folgende Frage ausgedacht:
„Welche Orte suchst du auf, wenn du Ruhe suchst und Energie für den Alltag tanken willst?”
Naturorte. Orte an denen das menschgemachte Hintergrundrauschen möglichst klein ist, Zeit keine Rolle spielt, ich einfach Teil großartiger Natur bin und nichts tun muss, außer einfach nur zu sein. Und das möglichst ohne Menschen, die nie die Klappe halten können.
12 Welche Frage würdest Du gerne der nächsten Bloggerin, die auf meinem Blog
vorgestellt wird, weitergeben?
Katja: “Wenn du dir eine Superheldenkraft wünschen dürftest – welche wäre das, warum würdest du das gerne können und wo würdest du es anwenden?”
Liebe Katja, mein ganz herzlicher Dank geht an Dich, für dein Entgegenkommen, ausführlich und spannend in Wort und Bild auf meine Fragen zu antworten. Du hast uns wieder einiges zum Nachdenken mit auf den Weg gegeben.
Schaut mal nach auf Katjas Blog “Raumfee” , welche tolle Themen sie gerade angeht.
Liebe Grüße an euch beide!
Wieder mal ein spannendes Interview, ich mag den Hinter-die-Kulissen-Blick. Meist sind mir die Contra-Menschen doch die Liebsten, die Mit-Dem-Strom-Schwimmer gibt's einfach zu oft… Und ja, die Vertreibungs-Miet-Politik ist bei mir auch ein Reizthema. Wir waren davon vorletztes Jahr betroffen.
Ansonsten: Schöne Fotos und schöne Einblicke in den Raumfee-Blog… LG mila
Ein wundervolles Interview,
tolle Einblicke!
Danke sehr dafür!
Liebe Grüße
Julia
wie schön, katja hier zu treffen. ihr blog ist ein ganz besonderes kleinod – die frau dahinter nicht minder.
Um wieviel ärmer wäre doch das Bloggerland ohne die Raumfee…Ihr Blog ist unverwechselbar, ihre Sicht auf Dinge einzigartig…LG Lotta.
Dein Post mit den Interviewfragen an Katja, liebe Andrea, bestätigt noch einmal den Eindruck, den ich vom Menschen hinter der Raumfee gewonnen habe. Sehr gelungen!
Liebe Grüße!
Astrid
Der Raumfee-Blog war einer der ersten, die mir auffielen, mich anregten und begeisterten, bevor ich dann selber anfing zu bloggen… Wegen des Schwimmens gegen den Strom, das mir sehr sympathisch ist. Nicht immer einer Meinung schätze ich Katjas Impulse zum Nachdenken aber sehr und lese fast jeden Post. Bewundernswert ihre Stilsicherheit in ihrer Kreativität. Und zum Auftanken in der Natur könnten wir uns zusammentun, auch ich kann die Klappe halten und bin soooooo gern allein draußen unterwegs. Schön, dass Katja hier dabei ist! Eine tolle Reihe, liebe Andrea! Lieben Gruß Ghislana
Diese Interview liest man von Anfang bis zum Ende gern. Den Blog von Raumfee verfolge ich mit Neugier und Lust. Es ist immer ein Gewinn.
Liebe Grüße,
Angela
Liebe Andrea,
schön, dass wir durch Deine gekonnt gestellten Fragen ein paar neue Seiten von Katja kennen lernen durften.
Liebe Katja,
wie Du weißt habe ich Deinen Blog kurz nach meiner Schulter-OP gefunden, damals hatte ich Zeit ohne Ende und war dankbar für jede Ablenkung – die fand ich zu Genüge in Deinem Blog, immer wieder aufs Neue war ich gefesselt von Deinen Posts und lese sie bis heute regelmäßig.
herzlich Judika
Gerne gelesen.
Danke x 2 + liebe Grüße! M