“Lies ein Buch aus Deiner Kindheit oder Jugendzeit!”
forderte das Buchthema der Lesenden Minderheit für die Monate August und September auf.
Für mich war das eine schöne Gelegenheit, mit einem Buch auf der sonnigen Terrasse in die eigene Kindheit und in die Ferien in anderen Ländern einzutauchen. Zunächst ging es nach Südfrankreich:
Werner Hörnemann: Die gefesselten Gespenster.
Das Buch erschien in den 50er Jahren und wurde 1990 erneut aufgelegt.
„Die gefesselten Gespenster“ haben mich durch meine Kinder- und Jugendzeit begleitet, was man deutlich am recht mitgenommenen Schutzumschlag erkennen kann. Voller Freude habe ich es später auch meinen Töchtern vorgelesen.
Die heißen Augusttage ließen mich bei Lesen rasch in den warmen südfranzösischen Sommer eintauchen. Dort in der Zwiebelstraße mitten in Marseille lebt eine Gruppe von Freunden zwischen 16 und 19 Jahren, mit gänzlich unterschiedlicher Herkunft und kulturellem Hintergrund. Ihre persönlichen Geschichten sind zum Teil tragisch und anrührend. Aber alle schätzen einander und unterstützen sich
hilfsbereit, obwohl alle am untersten Ende der sozialen Leiter leben. Alle haben ihren ganz persönlichen Charme mit ihrer individuellen Geschichte und wie sie mit ihr umgehen.
Als Maurice, der sich von seinem reichen Elternhaus abgesetzt hat, um Maler zu werden, auf eine Zeitungsanzeige stößt, wo für eine
Vertreibung von Schlossgespenstern eine hohe Summe Geldes geboten wird, ist er sofort begeistert. Denn Geld ist das, was allen Freunden fehlt. Der ehrgeizige Schuhputzer Andrè, der vom sozialen Aufstieg träumt, und zur Erweiterung seines Horizontes Lexika auswendig lernt, überlegt schon, wo er die Belohnung investieren wird. Renè, der cholerische Automechaniker, organisiert ein subfossiles Auto, um die Freunde zum Schloss zu transportieren. Die Reise kostet Geld, Seppe und sein kleiner Bruder Tista, aus eine kinderreichen italienischen Familie, versuchen etwas unlautere Mittel, um zur Reisekasse beizutragen, was von den Freunden nicht so gerne gesehen wird.
Der Küchenjunge Filou mit senegalesischen Familienhintergrund, hat schon so manchen mit seinen gerollten Stullen durchgefüttert, sorgt für den Reiseproviant. Er liebt Hunde, also muss natürlich sein Hund Stinker mit auf die Reise. Eher stillerer Natur ist Pipin, dessen Eltern aus China stammten, seine Qualitäten sind eher verborgen und werden von den Freunden im Laufe der Geschichte noch sehr geschätzt. Dass eine teure Rassekatze, Sasu, als blinder Passagier mit von der Partie ist, hat Klein-Tista auf dem Gewissen.
Schon die Hinreise mit der uralten Klapperkiste ist voller Tücken, Hindernisse und Widersacher. Doch die Freunde gelangen trotz allem zum mittelalterlichen Gespensterschloss. Schon bei der Begrüßung erwartet sie vom Schlossherren und der Dienerschaft Skepsis und Herablassung. Doch die Truppe lässt sich nicht unterkriegen. Praktische Intelligenz und ihr freundschaftlicher Zusammenhalt sind ihre großen Pluspunkte für die Aufgabe.
Die Gespensterjagd ist witzig und spannend, konfrontiert die Freunde mit Fragen der Solidarität, Wahrheit und Lüge, Moralität und Recht.
Fast scheint die Gemeinschaft daran zu zerbrechen. Doch die Kraft der Freundschaft wiegt am Ende mehr als Geld und Karrieremöglichkeiten.
Die Freunde sind einem schnell ans Herz gewachsen. Der Erzählstil spricht Kinder wie auch Erwachsene an. Mir hat das Lesen des Buches
wieder richtig Spaß gemacht. Für mich gehört das Buch zu den Kinder- und Jugendbuchklassikern. Ein paar Formulierungen, die mit der Entstehungszeit des Buches zu tun haben: z.B. der Begriff „Neger“ für den Farbigen Filou, haben mich doch etwas gestört…
BeBekannter ist wohl Astrid Lindgrens Roman
Ferien auf Saltkrokan (Vi på Saltkråkan)
Astrid Lindgren hat den Stoff der Geschichte zu einem Drehbuch für eine Fernsehserie und zu einem Roman verarbeitet.
Mit der Famlie Melcherson – ein verwitweter Vater mit seinen vier Kindern – verleben wir einen herrlichen Sommer auf einer schwedischen Schäreninsel. Aus der Sicht der ältesten, fast erwachsenen Tochter Malin, die ihren Geschwistern eine Art „Ersatzmutter“ ist, begleiten wir die Ferienkinder Niklas, Johan und Pelle und die Kinder von Saltkrokan, Tjorven und ihre beiden Schwestern Teddy und Freddy, die kleine Stina und den braven Bernhardinerrüden Bootsmann auf vielen Abenteuern inmitten der herrlichen Natur und im nachbarschaftlichen Inseldasein. Das Leben auf der Insel ist einfach und rustikal.
Das Ferienhaus, ein verlottertes altes Schreinerhaus umgeben von Apfelbäumen, wird für den chaotischen, liebevollen Vater Melcher und seine Kinderschar rasch zum Heim, das sie nicht mehr eintauschen wollen. Die Kinder spielen und werkeln voller Leidenschaft, Fantasie
und Kreativität, lernen viel über das Miteinander, die Verantwortlichkeit den anderen – auch den Tieren – gegenüber und über andere wichtige Dinge des Lebens wie z.B. Angst, Tapferkeit, Selbstvertrauen etc. Astrid Lindgrens wunderbarer Erzählstil voll Wärme und Menschlichkeit lässt die so unterschiedlichen Charaktere dem Leser rasch ans Herz wachsen. Nur ungern habe ich mich dann vom schwedischen Sommer verabschiedet als ich die letzte Seite umgeschlagen hatte.
Für mich gehört dieses Buch auch zu den absoluten Kinderbuchklassikern – wie alles von Astrid Lindgren.
Für beide Bücher kann ich eine bedingslose Empfehlung aussprechen, sowohl für Kinder als auch für erwachsene Leser (schließlich will man beim Vorlesen ja auch seinen Spaß haben).
Das erste klingt sehr toll! Saltkrokan hat mich in meiner Kindheit auch begleitet 🙂
Ach toll!!! Ferien auf Saltkrokan, hab ich als Kind immer so gern gesehen!