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Spürnase im Unruhestand {Kinderbuchtipp}

16. Juli 2025

Da wir gerade Besuch von Kindern im Kindergartenalter haben, konnte ich ihnen diese Neuerscheinung gleich vorlesen (obwohl sie unter dem empfohlenen Lesealter liegen). Für den Vierjährigen habe ich natürlich freier erzählt und mehr erklärt. Er war total begeistert und fragte gestern abend tatsächlich noch, ob ich nicht noch mehr über Detektiv Stanley erzählen könnte. Wenn das keine Empfehlung ist…

Hannah Tunnicliffe u. Erica Harrison (Illustrationen): Detektiv Stanley und das Geheimnis im Museum

Was für eine herzige und spannende Hommage an Sherlock Holmes und den Maler Piet Mondrian. Ein bisschen fühlte ich mich an Tim und Struppis Detektivgeschichten erinnert. Allerdings haben hier ausschließlich vierbeinige Charaktere den Plot in der Pfote.

Die Geschichte startet an einem klaren Morgen in der Stadt Narlybone. Auf der Dachterrasse frühstücken die frühen Vögel gerade ihre Würmer, während wir Detektiv Stanley durchs Fenster noch schlummernd entdecken. Schließlich ist dies sein erster Tag im Ruhestand. Gestern erst wurde er bei der Kriminalpolizei mit einer Party verabschiedet. Doch das gemütliche Frühstück mit der Pfannkuchentorte wird jäh unterbrochen. Denn da saust mit der Zeitung ein Brief durch den Briefschlitz. Ins Kunstmuseum wurde eingebrochen und die Leiterin lädt Stanley zur Untersuchung ein. Nein, eine Vollblutspürnase kann da nicht widerstehen, Ruhestand hin, Pfannkuchen her.

Dabei möchte man als Leser*in lieber noch ein wenig in seiner coolen Stadtvilla verweilen. Es macht so Spaß die faszinierenden und lustigen Details in den Illustrationen zu entdecken. Ich liebe besonders die Gegenstände auf Stanleys Küchenregal. (Meine Espressomaschine! Mein Sieb!!)

Chaos im Museum

Auf Detektiv Stanley warten ein mysteriöser Einbruch bei dem scheinbar nichts gestohlen wurde und ein Charakter, der nicht ist, was er scheint. Nach einigen sehr überraschenden Wendungen, einem gut geführter Spannungsbogen und dem Ansprechen aller Sinne mündet die Geschichte in ein sehr zufriedenstellendes Ende.  

Als ich die Geschichte einem jüngeren Kind (4 ½ Jahre alt) vorgelesen hatte, sind wir rückwärts durch die Seiten gegangen und haben freudig die Hinweise nachträglich entdeckt. Die Zielgruppe von Lesern ab 6 Jahren wird das Geheimnis vielleicht schon gemeinsam mit Stanley lösen, wenn sie die kleinen Hinweise in den Illustrationen verfolgen. Kinder lieben doch Geheimnisse, erstaunliche Wendungen und mysteriöse Rätsel.    

Stanley – ein Sherlock mit vier Pfoten

Stanley ist ein  Sherlock Holmes in Hundeform, komplett mit seinem britischen karierten Cape und dem typischen Sherlock-Hut. Er ist ein unerschrockener schlappohriger Hund mit ausdrucksvollen Augen, der alleine lebt und total in seinem Job aufgeht. Diese Spürnase gebraucht still und bedächtig seine Fähigkeiten der Beobachtung mit allen Sinnen, um Hinweise zu sammeln.  So wird die Spannung bis zum Höhepunkt gesteigert, der Szene, in der Stanley in klassischer Manier elegant alles zusammenführt. Hier merkt man, dass man Stanley nicht unterschätzen darf, denn ihm entgeht kein Detail und über künstlerische Prozesse weiß er auch Bescheid.

Eine kindgerechte Hommage an Piet Mondrian

Auch die anderen  Charaktere sind Tiere: der neidische Kriminalkommissar Shiro (ein Rhinozeros), die scheinbar ratlose Museumsdirektorin Janet (ein Leopard) und einige weitere. Ein spezieller Charakter, der gar nicht persönlich erscheint ist „Zieg Mondrian“, dessen Gemälde gerade in dem Kunstmuseum ausgestellt werden und dessen bedeutendstes Werk eine wichtige Rolle spielt. Natürlich stand hierbei der Maler Piet Mondrian Pate als Inspiration. Die Illustratorin Erica Harrison fängt Mondrians Werk sehr speziell an vielen Stellen in ihren Illustrationen ein. Versteckte Hinweise auf  Mondrian sind in den Plot eingebaut. Ja, er bekommt sogar Extraseiten am Ende,  so dass die junge Leserschaft kindgerecht mehr von ihm erfahren kann.

Graphic Novel für Anfänger*innen

Die Zeichnungen mit klaren Linien und unschattierten Farbflächen spiegeln auch ein bisschen die flächigen dynamischen Farben in Mondrians Werk wieder. Die Illustrationen liefern mit ihren lustigen Details der Handlung eine sehr lebendige, humorvolle und persönliche Kulisse.

Die Texte sind kurz gehalten und groß gedruckt. Sie sind sozusagen eine Graphic novel für Anfänger. Das Cover finde ich smart, denn die Kids können schon alle Elemente der Geschichte auf einen Blick erfassen.

Die Geschichte eignet sich für frühe Leser*innen, die Graphic novels, Comics oder illustrierte Geschichten mögen. Bei Vorlesen für Jüngere merkte ich, dass es eine feine Überleitung vom Bilderbuch darstellt.  

Ich bedanke mit beim Carlsen-Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.
Auf meine Meinung und Rezension des Buches hat dies keinen Einfluss

Hannah Tunnicliffe u.
Erica Harrison (Illustrationen):

Detektiv Stanley und das Geheimnis im Museum
Übersetzt von Jan-Frederik Bandel
Carlsen Verlag, Juli 2025
64 Seiten

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