(Werbung: Der Verlag stellte mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung. Meine eigene Meinung zum besprochenen Buch behalte ich mir vor.)
Obwohl ich weder leidenschaftlich gerne Science-Fiction noch Thriller lese, habe ich Euch vor genau zwei Jahren mit Begeisterung einen SF-Thriller empfohlen: Tom Hillenbrand: “Hologrammatica”. Dieses Buch finde ich immer noch großartig und wartete gespannt auf einen zweiten Teil. Tatsächlich hat der Autor jetzt einen zweiten Band “aus der Welt der Hologrammatica” nachgeschoben. Doch kann es mit Band 1 mithalten? (Das ist ja nicht selten das Problem bei mehrbändigen Reihen…)
Tom Hillenbrand: “Qube” (Aus der Welt der Hologrammatica 2)
Die Holowelt
Die Handlung des Romans „Qube“ beginnt 2091, also drei Jahre nach den Ereignissen des ersten Bandes „Hologrammatica“. Es ist nicht zwingend notwendig, den ersten Band gelesen zu haben, es erschließt sich das Meiste von selbst, oder wird im Glossar erklärt. Aber In „Hologrammatica“ wurde man mit einer äußerst spannenden Geschichte in die Welt des Holonet und das Leben in der Zukunft eingeführt, das sich technisch stark verändert hat. Im „Qube“ wird all dies als bekannt vorausgesetzt.
Klimakatastrophen haben der Erde arg zugesetzt. Die Zivilisation zieht sich in kühlere Regionen zurück. Durch den außer Kontrolle geratenen Einfluss einer Künstlichen Intelligenz (KI) wurde die Weltbevölkerung reduziert. Dieser sogenannte “Turing-Zwischenfall” führt nun auch zu strikten Sicherheitsmaßnahmen. Das Holonet, das das Leben der geschrumpften Menschheit stark bestimmt, ist in der Lage, die unwirtlichen Landschaften und hässlichen Gebäude digital ansehnlich zu machen. Auch die Menschen nutzen die Möglichkeit, auf diese Art ihr Aussehen zu ändern (Holomasque).
Wer genug Geld oder Einfluss hat, ist sogar in der Lage, sein Gehirn digitalisieren zu lassen und wird so zu einem „Quant“, der in verschiedene Körper („Gefäße“) schlüpfen kann.
Die Handlung
Der Roman beginnt mit einem gezielten Attentat. Diesem entkommt der investigative Journalist Calvary Doyle in London nur knapp und schwer verletzt. Unglücklicherweise entgleitet ihm auf diese Weise die Erinnerung an die Ereignisse und Erkenntnisse der letzten Wochen.
Auf seine bisherigen Nachforschungen zu einer verborgenen Künstlichen Intelligenz wird Fran angesetzt. Er/sie ist als Agent/in für die UNO-Organisation UNANPAI (United Nations Agency for the Non-Proliferation of Artificial Intelligence) tätig und ein/e alte/r Bekannte/r aus dem ersten Band (Hologrammatica). Fran ist ein Quant und wechselt in weibliche wie in männliche Gefäße.
Zur selben Zeit ist der reiche Unternehmer Clifford brutal und ohne irgendwelche Skrupel auf dem Weg, seine beiden Ziele zu erreichen: eine eigene KI (künstliche Intelligenz) und die Überwindung seiner Sterblichkeit. Denn nur damit hofft er, die KI in den Griff zu bekommen. Auch wenn Quants ihre „Gefäße“ wechseln können, sie sind an ihre menschlichen Stammkörper und deren Endlichkeit gefesselt.
Neben den Erkundungen Frans und den Machenschaften Cliffords werden noch zwei weitere Handlungsstränge angelegt. Die Zusammenhänge, die zwischen ihnen bestehen, offenbaren sich erst im letzten Viertel des Thrillers.
Fazit:
Hillenbrands zweiter Thriller dieser Reihe ist wieder relativ anspruchsvoll. Ich habe den ersten Band gelesen und fand mich mühelos in der Holowelt zurecht. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass Hillenbrand hier das Potential, das sein erster Band geliefert hat, eigentlich verschenkt.
Ein Leser, der mit dieser Holowelt ganz neu konfrontiert wird, muss sich in die aufwändige Technologie einfinden. Sehr praktisch ist dabei die Erklärung der Fachwörter im Anhang. Dies und die verschiedenen Handlungsstränge erfordern eine hohe Aufmerksamkeit beim Lesen.
Ich hatte mich wie gesagt schon sehr auf die Fortsetzung der „Hologrammtica“ gefreut, den ich als ganz speziellen Science-Fiction-Thriller empfunden hatte. Leider suchte ich im zweiten Band Vieles vergeblich, was ich am ersten so schätzte. Mir fehlten der Ausbau des entwickelten fantastischen Szenarios, der hervorstechende Humor und das Tempo. Vor allem vermisste ich den Hauptprotagonisten der „Hologrammatica“ Galahad Singh, dessen Persönlichkeit den ersten Band so bereicherte. Mit dem/der vielschichtigen Fran wurde ich einfach nicht warm. Auch die anderen Nebenfiguren waren mir zu schablonenmäßig.
Während ich drei Viertel des Romans noch mit Spannung der Handlung folgte, fand ich das Turnier im sogenannten Ludorama und die Kämpfe abgedroschen, langweilig und sinnentleert. Irgendwie erinnerten diese Kämpfe an die „Tribute von Panem“.
Interessant fand ich hingegen die Gegenüberstellung der Gefahren und auch Nutzen einer KI, die (fast) schon eine eigene Persönlichkeit annimmt. Manche der angetippten Themen wie Klimakatastrophe, Verletzlichkeit sämtlicher Daten und künstliche Intelligenz bestimmen ja zunehmend schon unser Leben und werfen Fragen auf verschiedenen Ebenen auf. Diese Chance wurde zugunsten des Thriller-Plots vergeben.
Vielleicht ein Lesetipp für eingefleischtere SF-Thriller-Fans als ich es bin.
Tom Hillenbrand:
Qube: Thriller (Aus der Welt der Hologrammatica 2)
560 Seiten
KiWi-Taschenbuch, Februar 2020
Liebe Andrea,
mein ältester Sohn ist seit dem Grundschulalter SF-Fan, ich weise ihn Mal diese Bücher hin.
Und ja, momentan brauche ich ganz viel Zeit in der Natur, bin heute schon wieder 3 Stunden gewandert, ohne Kamera, dafür in Begleitung.
Viele Grüße Margot