12telBlick 12telBlick 2016 Sommer am See

12tel Blick im Juni

30. Juni 2016
Montag, 27. Juni 2016, 11.23 Uhr

milde Sommertemperatur

Den Standort für das diesjährige Fotoprojekt “12tel-Blick” wählte ich im Januar mit Bedacht.  Ich wollte allmonatlich an einem urbanen Ort fotografieren, der aber noch ein bisschen Natur besitzt, ein lebendiger Treffpunkt,  mit deutlichem historischen Hintergrund. Und er sollte mir selber auch am Herzen liegen.

Das bisschen Natur – die Linde – hat sich mittlerweile wirklich Mühe gegeben und spendet unter seiner Bank Schatten. Früher einmal standen auf diesem Platz in Konstanz zwei Linden. Die andere, größere gesunde Linde fiel Sicherheitsbedenken bezüglich Rettungswege zum Opfer.

Dieses Mal sind auch die Schirme an den Außentischen des Restaurants gerade geöffnet worden.
Ich selber habe etwas Mühe meinen Fotostandort zu erreichen, weil er komplett mit Fahrrädern voll geparkt ist. Deshalb  ist er auch nur “halbwegs” korrekt…

 

Fast sieht es beim letzten Foto schon sommerlich aus.

Zwei wichtige Achsen der Altstadt treffen sich hier. Hinter mir befindet sich eine der ältesten Apotheken der Stadt und um die Ecke herum steht das “Haus zum Bub”, das eine traurige neuere Geschichte trägt. Das Schuhhaus ist in diesem Gebäude schon sehr lange ansässig, sogar Napoleon III., der zeitweise auf dem nahen Schweizer Schloss Arenenberg lebte, ließ hier schon seine Schuhe herstellen.  (Auf der Homepage des Geschäftes wird unter anderem auch die Entwicklung der Außenansicht über Jahrhunderte hinweg gezeigt.) Ursprünglich wurde das Gebäude im Jahre 1445 errichtet.
Doch am 23. Dezember 2010 brach in den frühen Morgenstunden ein fürchterlicher Großbrand im Hausflur aus, den das Gebäude unter dramatischen Umständen zum Opfer fiel. Auch Nachbargebäude nahmen erheblichen Schaden, Menschen verloren ihre Wohnstatt oder ihr Ladengeschäft. Wenigstens kamen keine Menschen  zu Schaden. Ein wertvolles Zeugnis Konstanzer Stadtgeschichte, eines der ältesten Bürgerhäuser, ging für immer verloren. 

Außerordentlich lobenswert ist es, dass die Besitzerfamilie des “Hauses zum Bub” sich beim Neubau am historischen Vorbild orientiert hat. Wenn ich hier entlang gehe oder neue Schuhe anprobiere, ergreift mich immer eine Wehmut und die Erinnerung, denn an jenem besagten Morgen kurz vor Weihnachten war ich mit dem Lockenhund in der Stadt und bekam die Katastrophe hautnah mit. Dass das Gebäude dann später in sich zusammenfallen sollte, konnte ich mir an jenem Morgen nicht vorstellen.
Es ist nicht mehr dasselbe alte Haus, aber der Neubau erinnert daran, ein bisschen Balsam für die Seele… Wahrscheinlich ist dies auch so gedacht.

 

Leider fehlte dem Besitzer des Nachbarhauses (links vom roten Haus) dieses Feingefühl. Und so blicken einem in dieser mittelalterlichen Häuserzeile, zu dem auch das alte Rathaus gehört, diese Fenster, wie leere Augen eines Totenkopfes entgegen. Sorry, ich kann nicht nachvollziehen, wie so etwas durchgewunken wird.
Einen modernen künstlerischen Impuls unserer Zeit hätte ich gern mitgetragen, aber wenn unsere Epoche nichts weiter als so etwas zustande bekommt, dann spricht das ja wahrscheinlich auch für sich. Seufz.
Betreten kann ich  jedenfalls dieses Schandmal nicht, es gruselt mich zu sehr…. (Es tut mir Leid, aber da muss ich wirklich deutliche Worte benutzen. Hier ist ein Chance verspielt worden.)

Nicht weit entfernt, ein paar Gassen weiter, erinnert eine Inschrift an einen anderen Brand eines mittelalterlichen Hauses. Brände in Altstädten sind schon allein wegen der engen Gassen sehr gefährlich.
Deshalb wurde nach der Brandkatastrophe das Silvesterfeuerwerk in der Konstanzer Altstadt verständlicherweise grundsätzlich verboten.

Das Fotoprojekt “12tel-Blick” wird von Tabea betreut. Heute findet Ihr auf ihrem Blog wieder die Fotoblicke der anderen Teilnehmer.
  • Himmel Blau 30. Juni 2016 at 5:04

    Die Bank scheint sehr beliebt zu sein. Ich musste in Konstanz (und auch anderswo) feststellen, dass es doch oft zu wenig Bänke in den Städten gibt, um sich mal auszuruhen…;-). Sehr nett, dein Exkurs in die Geschichte der Stadt. In der Apotheke war ich auch schon…Ja, ja…über bauliche Geschmäcker lässt sich streiten…und erst einmal genehmigt, ist so ein Haus dann für eine gefühlte Ewigkeit…Komm gut in den Juli. LG Lotta.

  • siebenVORsieben 30. Juni 2016 at 6:29

    Ja, so sieht es sommerlich aus. Wirklich schön dein Bildausschnitt.
    Grausam dagegen das Feuer. Ein Glück, dass es wieder so schön hergerichtet wurde.
    Tragisch bleibt es trotzdem (ich möchte mir persönlich sowas nicht vorstellen müssen).
    Liebe Grüße
    Jutta

  • Astrid Ka 30. Juni 2016 at 6:41

    Diese Feuer spielen auch immer eine Rolle in Bilderbüchern, die die Entwicklung einer Stadt durch die Jahrhunderte zeigen…Köln hat solche Katastrophen auch gehabt. Aber den Garaus gemacht hat der Altstadt erst der Bombenkrieg…
    Ist heute nicht mein Tag…
    Alles Liebe!
    Astrid

  • Aqually 30. Juni 2016 at 8:29

    Großartig, von Monat zu Monat sitzen mehr Menschen auf der Bank. Mal sehen wann das wieder abnimmt … wahrscheinlich mit dem Fall der Blätter.
    LG
    Aqually

  • verfuchstundzugenäht 30. Juni 2016 at 14:25

    Das geht noch mehr Sommer!!!

  • Nicole/Frau Frieda 30. Juni 2016 at 16:54

    Wie gerne würde ich mich zu den Leutchen auf die Bank setzen und schwatzen! Dein Stadtrundgang war wunderbar, liebe Andrea! Und so ein Feuer kann wirklich verheerend sein – auch für's Stadtbild. Ganz liebe Grüße, Nicole

  • Tabea Heinicker 30. Juni 2016 at 16:54

    ja und meine augen verlieren sich immer in den details an der hauswand links vom baum. kamera mit flügel wäre nicht schlecht. also für zugeparkte blickpunkte …
    die tabea grüßt

  • Schwarzwaldmaidli 30. Juni 2016 at 19:20

    An das Feuer kann ich mich noch erinnern. Schrecklich sein Hab und Gut zu verlieren und dann auch noch in der Weihnachtszeit. Bei uns darf an Silvester in der Innenstadt auch nicht geschossen werden. Eben weil alles so eng und verwinkelt ist. Verstehen kann ich aber auch nicht, wie solch eine Bauweise genehmigt wurde. Es passt ja überhaupt nicht zum Stadtbild.
    Unter dem Baum lässt es sich aushalten. Herrlich, solche Schattenplätze in der Stadt.
    Liebe Grüße
    Anette

  • Sunnys Haus 30. Juni 2016 at 20:35

    Der Baum legt jeden Monat nochmal einen drauf – beeindruckend !

    Liebe Grüße
    Birgit

  • bergblumengarten 30. Juni 2016 at 21:02

    Diesmal ist auch die Baumbank bei dir belegt…das ist also eine Linde. Da wäre ich im Frühjahr nicht drauf gekommen. Meistens erkenne ich kahle Bäume nur, wenn noch Überreste von Blättern oder Früchten herumliegen. Das weiße Haus ist wirklich komplett unpassend für die historische Häuserzeile….da hat man sich wohl gesagt, ist nicht so schlimm, weil das andere Haus sowieso weggebrannt ist. Auch hier fragt man sich manchmal…denn die gesamte Innenstadt steht unter Denkmalschutz. Wird ein historisches Haus saniert gibt es wahnsinnige Vorschriften, die sich kaum einer leisten kann. Wird es neu gebaut, ist aber fast alles erlaubt.
    LG Sigrun

  • Centi 1. Juli 2016 at 5:15

    Na also, es wurde ja doch noch Sommer!
    Das neue Haus hat echt Totenkopfaugen-Fenster. Wie schade. Modern MUSS ja nicht hässlich sein, aber seit gefühlten 20 Jahren wird meiner Meinung nach fast nur noch Mist gebaut. Hässlich, eckig, Stahlbeton, Glas, grau, alles gleich, alles fies! )=

  • Pia 1. Juli 2016 at 11:44

    Auf deinem Foto sieht man, dass es Sommer ist, weil die Leute den Schatten suchen. Die Stadtführung ist sehr interessant ich werde mich einmal etwas genauer umsehen. An den Brand mag ich mich noch gut erinnern.
    L G Pia