Ihr wisst ja, ich bin ein Fan guter Kinderbücher, da ich schon immer leidenschaftlich gerne vorlese. Die Spanne der jugendlichen Leser*innen reicht bei uns in der Familie vom Kleinkindalter bis zu Leseratten im Teeniealter. Da halte ich natürlich immer die Augen auf.
Gerade als ich dieses Bilderbuch zum Vorlesen sah, musste ich sofort an die jüngsten Trotzköpfchen denken. Meine Hoffnung, hier etwas Geeignetes für sie zu finden, hat sich voll bestätigt.
Romy Pohl (Text) und Marta Balmaseda (Illustrationen): Widder Willi will aber!
Oh ja, schon auf dem Cover zeigt sich das kleine Widderlamm von seiner trotzigen und mutwilligen Seite. Widder Willis recht sture Stimmung erkennt man deutlich an seiner Mimik und den verschränkten „Armen“. Wer genau hinschaut, kann auch schon einen weiteren Protagonisten der Geschichte entdecken. Genau, da schaut keck ein Steinbock-Kitz herab.
Widder Willi schiebt seine schneckenförmigen Hörner, was gelegentlich heftig juckt und missmutig stimmen kann. Gleich als die Erzählerin ihn vorstellen möchte, grätscht Willi bereits dazwischen. Das ist witzig und ungewöhnlich, zeigt aber deutlich Willis Stimmungslage.
Ja, Widderlamm Willi befindet sich ganz offensichtlich mitten in seiner Trotz- und Autonomiephase. Die vorlesenden Eltern nicken wissend und die Kinder können es Willi bestens nachfühlen.
Eigentlich sind die erwachsenen Schafe durchaus bereit, Willi mit einzubeziehen, mit ihm zu spielen, Gutes zu tun. Aber sie haben es schwer, es Willi auch recht zu machen. Dann bekommt eben das Gatter einen groben Tritt ab und Opa hat es am Ende im Kreuz. Der kleine Hornträger hat heute seinen „Widderwilli“-Tag, an dem alles nach seinen Wünschen laufen soll.
Schließlich bricht über und in Willi ein heftiger Gewittersturm aus, weil sich die Welt einfach nicht nach seinen Wünschen richten mag.
Doch Widder Willi bleibt nicht einsam in seiner Rotz- und Regenpfütze. Er lernt den kleinen Steinbock „Hörnchen“ kennen, der, wir ahnen es, vor allem bockig ist, ein „Keinbock“ wie Willi feststellt.
Ob den beiden der onkelhafte Ratschlag hilft, dass sie mal über ihren Schatten springen sollen? Was die beiden nun zusammen anstellen, ist der reinste Spaß für die große und kleine Leserschaft. Denn mit viel Freude an der Bewegung, an der Sprache, am gemeinsamen Tun und viel Humor ist Trotz, Sturheit und Unlust rasch vergessen.
Fazit:
Was für ein herrliches Buch für die drei- bis fünfjährigen Kinder und die dazugehörigen Erwachsenen. Die fröhliche, humorvolle Sichtweise und der ausgeprägte Sprachwitz werden allen großen Spaß machen. Der Erzählstil ist sehr abwechslungsreich vom Eingreifen des kleinen Widders in die Erzählhaltung bis zu den Sprechblasen, die auch die kleinen gehörnten Trotzköpfe ganz direkt zu Wort kommen lassen.
Mir hat besonders gut gefallen, dass ganz direkt Redewendungen aufgegriffen und hinterfragt werden, die einem als Erwachsenen Kindern gegenüber gelegentlich über die Lippen kommen. Rasch wird einem klar, wie wenig diese den Kindern sagen. Am Ende muss man als Erwachsener selber überlegen, woher besagtes Sprichwort überhaupt kommt und was es eigentlich aussagt. Wie schön, dass es da eine ganz lustige überraschende Lösung gibt.
Toll, dass nicht nur die Kinder angeregt werden, sich in die anderen Personen hineinzuversetzen. Sondern auch die Erwachsenen dürfen schmunzeln, eigene Positionen und Aussagen überdenken.
Willi und Hörnchen zeigen, wie man offen für neue Begegnungen und kreative Lösungen sein kann.
Die zauberhaften Illustrationen haben warme, gebrochene und angenehme Farbtöne. So herrlich kommen die Stimmungslagen der Tiere zur Geltung. Ein Genuss!
Ganz kleiner Kritikpunkt: Warum muss wieder die Mutter die Sanfte sein, die Träumelein aus dem Bäumelein schüttelt? Das war mir doch etwas zu klischeehaft.
Auf jeden Fall bekommt man Lust, Widder Willi und seinen neuen Freund den Steinbock Hörnchen wieder zu treffen. Und tatsächlich gibt es demnächst eine Fortsetzung, die neugierig macht.
Ich bedanke mit beim Arena-Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.
Auf meine Meinung und Rezension des Buches hat dies keinen Einfluss.
Romy Pohl (Text) und Marta Balmaseda (Illustrationen):
Widder Willi will aber!
Arena Verlag, Juli 2024
32 Seiten
3-5 Jahre
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