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Berührende Familiengeschichte eines bekannten Autors {Buchtipp}

18. April 2023

(Werbung: Danke an den Kindler Verlag, der mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte. Meine eigene Meinung zum besprochenen Buch behalte ich mir vor.)

Heute habe ich eine ganz besondere Familiengeschichte als Buchtipp dabei. Beim Namen des Autors hatte ich eine ganz andere Erwartungshaltung. Vielleicht kennt Ihr ihn? Auf jeden Fall kann ich sein neues, ganz anderes Buch sehr empfehlen:

David Safier: “Solange wir leben”

Die meisten von Euch werden David Safier vermutlich von seinen humoristischen Büchern oder Arbeiten als Drehbuchautor kennen. In seinem neuesten Roman schlägt er aber einen ganz anderen Ton an.  In „Solange wir leben“ erzählt der bekannte Autor die Geschichte seiner eigenen Familie. Im Mittelpunkt steht dabei die ungewöhnliche und unwahrscheinliche Liebesgeschichte seiner Eltern Waltraut und Joschi.
Safiers Eltern entstammen zwei gänzlich unterschiedlichen Lebenskreisen und Generationen. Fast scheint es, dass es bei ihnen kaum Gemeinsamkeiten gibt. Doch Liebe und Mut verbindet sie.
Als Leser*in durchleben wir nicht nur die ungewöhnliche Geschichte der Familie Safier, sondern schreiten mit ihnen durch Jahrzehnte deutscher politischer und gesellschaftlicher Zeitgeschichte, die auch unsere Eltern oder Großelterngeneration geprägt hat.  

Zweimal ein neues Leben beginnen

Joschi Safier und seine Schwester Rosl gehören zu den ganz wenigen Angehörigen ihrer weitverzweigten jüdischen Familie, die den Holocaust überleben. 1939 gelingt es ihnen, aus dem geliebten Wien nach Israel zu emigrieren. Gleich muss Joschi dort für die neue Heimat mit der Waffe in der Hand kämpfen. Später fährt er zur See, wo ihn der Zufall nach dem Krieg in Bremen an Land gehen lässt.

Das Schicksal lässt ihn auf die junge alleinerziehende Witwe Waltraut treffen, 20 Jahre jünger als er. Sie ist ein bodenständiges Kriegskind, das hart und selbstbewusst gelernt hat, ums Überleben zu kämpfen. Das ist der Anfang einer großen, ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Schon einmal, in Wien, hat Joschi alles aufgegeben, Heimat und Pläne, und tut es erneut. Dieses Mal nicht wegen der Nazis, sondern der Liebe wegen. Ausgerechnet ins Land der Täter muss er dafür gehen. 

Sehr berührend und außerordentlich ehrlich schildert Safier die schönen und auch sehr schwierigen, tragischen und heftigen Zeiten und Krisen dieses Paares, mit allen Sorgen und Nöten. Denn das Schicksal meint es oft nicht gut mit der Familie. Ihr Leben ist ein ständiges Auf und Ab bis zum Ende, das einen nicht kalt lässt.

Fazit

Safier erzählt seine Geschichte chronologisch mit gelegentlichen Sprüngen in der Zeit. So führt sie uns von 1937 bis ins Jahr 2005. Der bildreiche und lebendige Stil nahm mich gleich von den ersten Seiten mit. Das so authentisch, feinfühlig und sehr liebevoll geschilderte Schicksal der Familie lässt einen als Leser nicht los und berührt sehr. Obwohl der Autor selber als Familienmitglied in der Handlung erscheint, bleibt diese Figur sehr bescheiden am Rande.    

Seine Eltern sind Safier förmlich als Romanfiguren geschenkt worden. Man hätte sie sich kaum besser ausdenken können.  Ihre Charaktere werden sehr einfühlsam geschildert. Mal wird aus Joschis, mal aus Waltrauts Perspektive erzählt. Zur leichteren Orientierung wurden dafür leicht unterschiedliche Schriftarten im Druck gewählt. Während Joschi schon an Flucht denken muss, wird Waltraut gerade erst geboren. Das führt uns die Erzählweise ganz deutlich vor Augen.

Sehr schnell kann man mit Joschi und Waltraut mitfühlen. Joschi, der sich oft geleitet von Abenteuerlust, innerer Unruhe, aber auch mit Zweifeln durchs Leben treiben lässt. Dann Waltraut, die voller Tatkraft anpackt, aber auch durch das Scheitern an ihre Grenzen kommt.
Durch die Fotos der Familie auf den Coverinnenseiten hat man sie auch direkt vor Augen. 

Ein bewegendes Thema, Figuren, die einem ans Herz wachsen, packend geschrieben. So einen Roman kann man nur empfehlen.

  

David Safier:
Solange wir leben
Kindler Verlag, April 2023
464 Seiten

  • nina wippsteerts 18. April 2023 at 8:09

    Ich glaube sofort, dass Safier diese Gratwanderung gemeistert hat. Seine Bücher sind zwar immer sehr humorvoll und schräg, aber auch immer echt. Das er die Geschichte seiner Eltern gut erzählen kann, glaube ich sofort.
    Danke Dir für die Bestätigung (Buch ist bei mir schon vorgemerkt)
    Liebe Grüße
    Nina

  • Luitgard Möschle 18. April 2023 at 10:49

    Ich habe mir das Buch gleich bestellt! Danke für Deine Beschreibung, sie hat mich sehr neugierig gemacht!

    Viele Grüße Luitgard M.

  • Astridka 18. April 2023 at 14:27

    Das hört sich ja mal wieder sehr vielversprechend an. Wenn ich nur mal wieder Zeit zum Lesen hätte ( außer dem für meine Frauengeschichten ).
    GLG
    Astrid

  • Sheena 19. April 2023 at 7:49

    Guten morgen,
    Uhi cool, danke für den tollen Buchtipp, wandert direkt mal auf meine WuL =)
    Kenne ja so einige Bücher von ihm, gerade die sehr humorvoll sind.

    LG Sheena

  • C Stern 19. April 2023 at 21:45

    Noch habe ich kein Buch von Safier gelesen, aber diese tolle Rezension wirkt sehr anregend auf mich!
    Ich liebe gut geschriebene Biografien (auch, wenn in Romanform), und ich schätze es, wenn ich mich als Lesende intensiv mitgenommen fühle in ausdrucksstarke Texte, die Bilder entstehen lassen. Da scheint man mit diesem Roman bestens beraten zu sein!
    Liebe Grüße, C Stern

  • Nicole/Frau Frieda 21. April 2023 at 14:55

    Das hört sich nach einer wunderbaren Lektüre an, liebe Andrea. Abenteuerlust, innerer Unruhe, aber auch mit Zweifeln und einfach nur durchs Leben treiben? Das hört sich fast nach meinem Großen an. Dir ein charmantes Frühlingswochenende! Herzlichst, Nicole