(Werbung: Der Verlag stellte mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung. Meine eigene Meinung zum besprochenen Buch behalte ich mir vor.)
Biographien bekannter aber auch unbekannter oder vergessener Frauen interessieren mich sehr. Deshalb folge ich auch immer mit Begeisterung Astrids Reihe “Great Women”. (Auch Werbung, unbezahlt und unaufgefordert) . Kein Wunder also, dass mich gleich Camille Claudels Name verlockte, denn ihr dramatisches Künstlerinnenleben war mir durchaus ein Begriff. Hier kommt dies also in Romanform, in dem die Jahre mit Rodin ins Zentrum gerückt werden.
Pia Rosenberger: Die Bildhauerin: Mit Rodin begeht Camille Claudel neue Wege, doch ihre Liebe droht zu scheitern
Paris, 1881.Die siebzehnjährige Camille Claudel ist gerade mit ihren Eltern und den beiden jüngeren Geschwistern Louise und Paul aus der lothringischen Provinz in die Hauptstadt gezogen. Ihr Vater Louis-Prosper Claudel möchte seiner ältesten Tochter ermöglichen, ihr künstlerisches Talent auszubilden.
Doch zu jener Zeit reduzierte man die Rolle der Frau noch auf Haushalt und Familie. Ein Studium an der École des Beaux-Arts blieb ihnen noch verschlossen. Einzige Möglichkeit für die junge Camille war der Besuch der Academie Colarossi. Vor deren Toren trifft sie zufällig den jungen Musiker Achille-Claude Debussy. An Selbstbewusstsein fehlt es ihr nicht.
„Ich bin Bildhauerin“
So stellt sich die junge Frau vor. Camille war bereits von Paul Dubois und Alfred Boucher gefördert worden. Camille fühlt sich zur Bildhauerin berufen. Damit steht sie aber in einer dauerhaften Konfrontation mit einer Umwelt, die männlich dominiert ist und ihren Ambitionen skeptisch, höhnisch bis feindlich gegenüber steht. Die Kunst ist ihr höchstes Ziel. Einen vielversprechenden Verehrer überlässt sie gern ihrer Schwester, denn der Gedanke an eine Familiengründung scheint ihr unerträglich.
Da sich in ihren Gedanken alles um ihre Kunst dreht, entwickelt Camille neben dem Freiheitsdrang einen gewissen Egozentrismus. Damit eckt sie an, stößt Freunden und Wohlgesinnten vor den Kopf und verärgert die Familie.
„Dir ist kein Preis zu hoch für deine Kunst, oder? Du bist bereit, sogar deine Freunde dafür zu opfern.“
Die Beziehung ihrer Eltern ist eh schon angespannt, da der Vater die künstlerischen Ambitionen der Tochter förderte, während sie der gefühlkalten Mutter ein Dorn im Auge waren. Das Familienleben war durch ständige Spannungen und Konflikte sehr belastet. Dies steigert sich, als Camilles Beziehung zu Rodin ans Tageslicht kommt.
Anfangs ist sie erst Schülerin und Modell des wesentlich älteren berühmten Bildhauers Auguste Rodin. Doch rasch wird sie seine Muse und Geliebte. Die Beziehung der beiden Künstler ist turbulent, immer wieder belastet von Konflikten aber auch reich an Inspirationen. Der übermächtige Rodin hat viele Liebschaften und ist nicht bereit zu Treue. Seine langjährige Beziehung zur Mutter seines Sohnes zugunsten einer Ehe mit Camille aufzugeben, ist er nicht bereit. Auch die künstlerische Beziehung ist im Endeffekt zu Ungunsten von Camille sehr unausgewogen.
Fazit:
Der Roman Pia Rosensberges über Camille Claudel ist Teil einer Buchreihe über „Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe“ aus dem Aufbau Verlag. Er zeigt einen Ausschnitt von sieben Jahren aus Claudels Leben. Der Untertitel des Romans hatte mich zunächst etwas verschreckt, denn er klingt eher nach einer Schmonzette.
Mir hat gefallen, dass man sehr unterhaltsam in dieses aufblühende Künstlerinnenleben eintauchen konnte. Die Autorin hat sich recht genau an die Biographie Claudels angelehnt. Auch wenn die junge Bildhauerin ein schwieriger Charakter war, kann man sich gut in ihre jugendliche Sicht einfühlen. Als Leserin leidet man mit, wie Camille alle Warnungen vor Rodin in den Wind schlägt. Wie ein Moloch verschlingt er ihre Kräfte, Emotionen, Hoffnungen und schließlich auch ihr Talent (was vermutlich seinem überlegen war).
Ein wunderbarer Weg Leserkreisen eine Künstlerbiographie nahe zu bringen, die ihnen noch fremd war.
Neben all den persönlichen, familiären und künstlerischen Krisen fehlte mir ein bisschen mehr Zeitkolorit. Ich hätte mich gern etwas mehr im Paris jener Jahre verortet gefühlt.
Ganz arg gestört hat mich allerdings das abrupte Ende. Es ist nicht negativ, wenn ein Roman nur einen bestimmten Zeitausschnitt zum Thema hat. Aber hier wirkte der Faden der Geschichte förmlich wie abgeschnitten. Es wäre ein Leichtes, dieses Ende mit einem kleinen Nachwort aufzufangen.
Denn nicht jeder weiß, wie es mit der Beziehung von Rodin und Claudel und Camilles künstlerischer Laufbahn danach weiter ging.
Das Abschlusskapitel von Camille Claudels Leben ist dramatisch und traurig. Die letzten dreißig Jahre ihres Lebens verbrachte sie abgeschoben und vergessen in einer psychiatrischen Anstalt, ohne künstlerisch zu arbeiten oder Zuwendung von Freunden oder Familie zu erfahren.
Ein Roman, der sehr unterhaltsam zu lesen ist, aber ein wenig Selbststudium im Abschluss braucht, wenn man die Geschichte für sich selber abschließen möchte.
Pia Rosenberger:
Die Bildhauerin
Mit Rodin begeht Camille Claudel neue Wege, doch ihre Liebe droht zu scheitern
(Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe, Band 5)
Aufbau Taschenbuch, April 2021
352 Seiten
Guten Morgen liebe Andrea,
herzlichen Dank für diese schöne Buchvorstellung! Eine sehr bewegende Geschichte…
Solche Bücher lese ich auch sehr gerne, wenn ich denn mal Zeit habe dazu ;O)
Hab einen schönen und freundlichen Tag!
♥️ Allerliebste Grüße, Claudia ♥️
Ich stelle es mir immer wieder vor, diese Lebensgeschichten in Romanform zu schreiben, finde es allerdings dann eher schwierig. Nicht immer geben die Quellen genug her, um Gemütszustände oder Dialoge angemessen zu erfassen. Oft wird es dann auch langweilig ( mir sowieso, wenn dann auch noch detailreich die Kenntnis über die Zeitumstände ausgebreitet werden ). Gerade habe ich so ein Exemplar in Arbeit. Wenn es dann auch noch sprachlich und vom Spannungsbogen her schlecht gemacht ist… Andererseits sind solche Romane ein guter Einstieg für diejenigen, die unbelastet von Vorinformationen sich auf eine Lebensgeschichte einlassen mögen.
Danke für die Erwähnung!
GLG
Astrid
Ich mag diese Art von Büchern sehr liebe Andrea und bin immer wieder froh, wenn ich ein neues interessantes entdecke oder vorgestellt bekomme.
Das kommt auf die Liste.
Hier wurden gerade die Frauen vom Jungfernstieg Teil 1 beendet. Auch interessant, wenn es dort aber mehr um die Fa. Beiersdorf geht als um Gerda persönlich.
Jetzt warten noch die Douglas Schwestern auf mich… nur die Zeit, die fehlt mir leider immer wieder.
Dir einen schönen Nachmittag, lieben Gruß
Nicole
Fast interessanter als die Geschichte von Camille Claudels Leben, finde ich deine kritischen Anmerkungen über den Roman. Manchmal kommt es mir vor, wie wenn der Abgabetermin fast verpasst wurde und dann das Buch mit einem abrupten Ende aufhört.
L G Pia
Vor Jahren haben ich das Buch “Camille Claudel- ein Leben in Stein” gelesen und hatte mir vorgenommen, mehr über die Künstlerin zu erfahren. Durch Ihre Buchbesprechung erinnerte ich mich daran und habe das Buch bestellt. Vielen Dank, auch für den Hinweis auf die Serie Great Women vom Blog Le monde de Kitchi, die auch ich gerne lese. Den Beitrag über Camille Claudel habe ich wohl übersehen.
Liebe Grüße Angelika Rudolph
Ich mag solche Romane sehr gerne. Ich habe aber auch schon öfter feststellen müssen, dass es dem Autor am Ende nicht unbedingt gelingt die Geschichte sauber abzuschließen. Ein Nachwort wäre zum Beispiel eine feine Sache.
Ich werde es mal auf meinen imaginären Bücherstapel legen. Wer weiß, wann es mir dann in die Hände fällt.
Liebe Grüße
Andrea