(Werbung: Der Verlag stellte mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung. Meine eigene Meinung zum besprochenen Buch behalte ich mir vor.)
Habt Ihr Lust in eine japanische Stimmung einzutauchen, eher ruhig, gelassen und tiefgründig? Dann habe ich was für Euch:
Natsu Miyashita: “Der Klang der Wälder”
In kühlen blauen Aquarelltönen wie von Klavierklängen untermalt führt uns das Cover schon ins Thema ein. Der Roman der Japanerin Natsu Miyashita folgt Tomura, einem bescheidenen jungen Mann auf seiner Reise, ein Klavierstimmer zu werden. In Japan wurde diese Geschichte ein preisgekrönter Bestseller, der dort bereits verfilmt wurde.
Tomura ist siebzehn als er durch Zufall zusehen und zuhören kann, wie der Klavierstimmer Soichiro Itadori von Firma Eto das alte Klavier in der Sporthalle seiner Schule stimmt. Was auch immer Itadori-san tut, Tomura hört, riecht und fühlt dabei den Wald seiner Heimat. Dabei verfügt der Schüler über keinerlei musikalische Ausbildung.
Fasziniert und innerlich bewegt von diesem anschaulichen Prozess, fühlt Tomura eine plötzliche Berufung. Es stört ihn nicht, dass seine Familie das nicht wirklich nachvollziehen kann. Für Tomura steht fest, dass er die Ausbildung für Klavierstimmer durchläuft, die Itadori-san ihm empfiehlt. Tomura eignet sich eifrig das Wissen und die Fähigkeiten an, die ein Klavierstimmer benötigt. Er weiß, dass es nur die Grundlagen seiner Tätigkeit sein werden.
Dieser ernste junge Mann ist dankbar, als Auszubildender bei der renommierten Firma Eto angenommen zu werden. Ehrfürchtig begegnet er den Instrumenten und voller Respekt seinen Kollegen, von denen er noch viel zu lernen hat.
Schließlich erhält Tomura die Erlaubnis, den erfahrenen Yanagi-san zu seinen Kunden zu begleiten. Gebannt beobachtet Tomura, wie dieser zur vollsten Zufriedenheit der Kunden die Klaviere stimmt. Ob er jemals diese Perfektion erreichen wird? Er weiß, dass er noch nicht soweit ist, freut sich aber auf den Moment, dass er Klaviere in Schulen stimmen kann, wo Kinder ihre ersten Erfahrungen mit Musik machen.
Er setzt sich mit den persönlichen Philosophien seiner Lehrmeister auseinander.
So musste ein Klavier klingen. Hell, ruhig, klar, wehmütig. Mit einer milden Strenge in die Tiefe gehend. Ein Klang, schön wie ein Traum, doch greifbar wie die Wirklichkeit.
S. 60
Natürlich verpatzt Tomura seine Aufgaben ein paar Mal und durchlebt emotionale Tiefen. Aber er steckt seine Anstrengungen nicht auf, diese feinen und intuitiven Fertigkeiten zu erlangen. Sein Vorbild Itadori-san gibt ihm seine Hoffnung als Klavierstimmer auf den Weg, dass er vielleicht die Herausforderung erhält, für den Pianisten, den er am meisten verehrt und ein besonderes Publikum das Klavier perfekt zu stimmen. Dabei gewinnen die Zwillingsschwestern Kazune und Yumi, die sich leidenschaftlich dem Klavierspiel verschrieben haben, eine zunehmend bedeutende Rolle.
Fazit
Im ruhigen und unaufgeregten japanischen Stil lässt uns Miyashita mit ihren sprachlichen Bildern in die Welt der Töne und Musik eintauchen. Auch kann man sich wunderbar in die zurückgenommene japanische Lebensart einfühlen.
Manchmal mutet die Geschichte wie eine ermutigende, inspirierende Fabel an. Es ist eines dieser Bücher, in denen nicht wirklich viel passiert, trotzdem fühlte ich mich nie gelangweilt. Die Handlung übereilt nichts. Sie gibt der Leser*in genug Raum, ihre eigenen Vorstellungen der Berge und Wälder, der Klänge von Wind, fallendem Schnee und natürlich des Klaviers zu finden. Man begleitet hauptsächlich Tomura auf seiner Lebensreise. Freunde und Familie scheinen in seinem Leben keine große Rolle zu spielen, es fokussiert sich alles auf seine Berufung. Allerdings lernt man viel mit ihm und von ihm.
Feinheiten wie ein Klavier gestimmt oder gespielt wird, werden so kenntnisreich beschrieben, dass es klar ist, das die Autorin das Instrument genauestens kennt. Die Zahl der Charaktere ist begrenzt, dafür sind sie sehr exakt und fein gezeichnet.
Miyashita nimmt den Wald als Symbol eines Labyrinthes, eines Hindernisses, das man überwinden muss, um zu dem zu werden, der man sein möchte. Mit großer Weisheit und Leidenschaft erzählt die Autorin die aufbauende Geschichte, die ermutigt, das Beste aus sich herauszuholen, etwas zu finden, für das man „brennt“. Tomura ist ein Ansporn, an seine Träume, Ambitionen und Fähigkeiten zu glauben und auch Tiefen und Zweifeln mutvoll zu begegnen.
Natsu Miyashita:
Der Klang der Wälder
übersetzt von Sabine Mangold
Insel Verlag, Februar 2021
238 Seiten
Ah, das klingt gut. Ich mag Bücher, in denen nicht so viel “drumrum” passiert. Vielen Dank für den Tipp!
Ich glaube, das gefällt mir auch! Wieder ist Sabine Mangold die Übersetzerin, wie auch schon in der Geschichte mit der Eulerschen Formel. Danke für den neuen Tipp, lg
Das hört sich ausgesprochen einladend an. Kommt auf die Liste.
LG
Magdalena
Liebe Andrea,
mal wieder ein Buchtipp, bei dem ich sofort ein,zwei Freunde vor Augen habe, denen es gefallen könnte. Danke!! Aber auch für mich ist es bestimmt etwas.
Liebe Grüße aus dem hohen Norden
Lydia
So musste ein Klavier klingen. Hell, ruhig, klar, wehmütig. Mit einer milden Strenge in die Tiefe gehend. Ein Klang, schön wie ein Traum, doch greifbar wie die Wirklichkeit. GENAUSO mag ich es auch – deshalb wähle ich es so auch für meine Reels auf Instagram.. lach! Danke für den Buchtipp, liebe Andrea. Herzlichst, Nicole
Das hört sich gut leserlich an. Im Moment beschäftige ich mich mit Bilderbücher, unsere Enkelin kann ich damit begeistern. Damit hat die Leseleidenschaft bei meinen Töchtern auch angefangen. Eine wunderschöne Aufgabe.
L G Pia