Die 12tel-Blick-Fotoaktion
2012 verfolgte ich eine spannende Fotoaktion, die von Tabea Heinicker ins Leben gerufen und bis 2017 weitergeführt wurde. 12tel-Blick nannte sie sich und lockte mit einfachen Regeln. Einmal im Monat, also 12mal im Jahr wird vom gleichen Standort aus ein Foto aufgenommen. Das gibt am Ende des Jahres eine interessante Reihe mit vielen kleinen und großen Veränderungen.
Diese Beschränkung auf einen Ort und die Konzentration auf die Details machten mich neugierig. So beschloss ich teilzunehmen. Wer hätte gedacht, dass diese Fotoaktion ein so liebgewonnenes Ritual werden würde? Zum Einen machte es Freude, die kleinsten Veränderungen im Laufe eines Jahres wahrzunehmen, eine Menge über das Fotografieren zu lernen und auch die Standorte der anderen Teilnehmer*innen interessiert und mit Anteilnahme zu betrachten.
Zum Anderen wurden die Blickwinkel zu ganz besonders vertrauten Orten, die ich richtig liebgewann.
Seit 2018 führt Eva Fuchs auf ihrem Blog die Aktion liebevoll weiter. Sie hat Interessantes und Informatives über Philosophie und praktische Ausführung der Fotoaktion hier zusammengetragen.
Meine 12tel-Blicke und meine Lehren daraus
Die Ausdauer soll sich ja irgendwie gelohnt haben.
2013
Ganz spontan beschloss ich im Januar an dieser Fotoaktion teilzunehmen. Ich lief einfach mit dem Hund runter an den See und machte zweimal “click”. So wurde die damals 10jährige Ashley zum begeisterten Fotobegleithund, denn Wasser war ihr Faible.
Heute kann man im Sommer diese Stelle kaum noch besuchen, da er vollkommen überfrequentiert ist. Für mich ist er auf ewig mit Ashley verbunden, die uns 2 Jahre später über die Regenbogenbrücke verließ.
Was habe ich gelernt?
Natürlich habe ich alle möglichen Fehler gemacht, aber man ist ja lernfähig. Das Setzen von Orientierungspunkten gleich schon zu Beginn ist ganz wichtig, sonst hat man allmonatlich große Mühe, den richtigen Ausschnitt zu finden. Bei Standorten an Gewässern sollte man auch auf mögliche Hochwasserzeiten achten. Tja, im Mai bei Hochwasser stand ich am gewählten Standort am Ufer bis zur Hüfte im Wasser…. Der Hund fand das natürlich extrem lustig.
2014
Am einsamen Mühlenweiher achtete ich auf den Bildausschnitt, merkte aber erst zwei Monate später, dass das Boot so gut wie nie bewegt wurde. Irgendwie war es etwas trist. Nur 20 Meter weiter lag eigentlich der bessere Standort. Den Steg nahm ich als kleine Zugabe dann allmonatlich dazu.
Heute kommt man kaum noch legal ans Ufer dieses Naturschutz-Kleinods.
Was habe ich gelernt?
Ideal wäre es, den Standort vorher besser auszukundschaften und ein paar Probefotos in der Nähe zu machen.
Zudem habe ich mir in jenem Sommer meine beiden Knöchel verstaucht. Dumm, bei einem Standort, der nur schwer zu erreichen ist. Also: Erreichbarkeit prüfen.
2015
In diesem Jahr wählte ich sicherheitshalber gleich drei gut erreichbare Fotostandorte. Das Seeufer ist immer sehr lohnend. Das bunte Vogelhäuschen war eher ein Zufallsfund. Viel geändert hat sich an diesen Standorten bis heute nicht. Sogar das Vogelhaus hängt noch, etwas verblichener vielleicht.
Was habe ich gelernt?
Im Januar denkt man leider nicht gleich an den sich ändernden Verlauf der Sonnenbahn. Da ich gern morgens ans Seeufer gehe, hatte ich zunehmend Probleme mit Gegenlicht. Also: Mal rechtzeitig im Januar bei der Wahl des Standortes auf die Himmelsrichtung und das mögliche Gegenlicht achten.
2016
Nach vielen Seeuferstandorten und Natur zog es mich in die Stadt. Dazu mal das Hochformat, das könnte vielleicht interessant werden. Erreichbarkeit und Gegenlicht wurde auch gecheckt. Zudem haben wir hier einen geschichtsträchtigen Platz und ebensolche Gebäude.
Was habe ich gelernt?
Den Jahresverlauf in der Stadt zu fotografieren, ist nicht wirklich einfach. Wenigstens hat mich der Baum gerettet. Da muss man übers Jahr vorher viel Beobachtungszeit reinstecken.
2017
Jetzt wollte ich mal wieder aus dem Vollen schöpfen und hatte schon zwei Standorte übers Jahr ins Auge gefasst. Einmal am See, dann zwischen Feldern und Obstwiesen. Der Blick aufs Schlösschen war eine spontane Idee im Januar. Alle drei Standorte entwickelten sich im Lauf des Jahres sehr gut. Bis heute komme ich öfters dort vorbei und begrüße sie wie alte Bekannte.
Was habe ich gelernt?
Fotostandorte, die man öfter im Monat besucht, sind perfekt. Kleine Marker machen sich bezahlt: auf den asphaltierten Feldweg sprayte ich einen kleinen Punkt zur Erinnerung, der im Lauf des Jahres dann verblasste. Am Seeufer lehnte ich an einem Laternenpfahl.
2018
Ein Blick auf die Konstanzer Laube und einer in die Ferne über die Wiesen und Wälder bis zu den Bergen. Hier komme ich öfters vorbei, auch mal in der Dämmerung. Das habe ich ausgenutzt.
Was habe ich gelernt?
Zunächst habe ich erstmal alles angewendet, was ich gelernt hatte. Nur zum großen Flohmarkt auf der Laube habe ich es nicht geschafft. Das wäre dann perfekt gewesen…
2019
Gleich drei Fotostandorte! Der erste entwickelte sich viel besser als erwartet und zeigte übers Jahr die tollsten Himmelsbilder und Lichtstimmungen. Den Lebkuchenbaum übers Jahr zu begleiten war eine große Freude. Er wurde zum echten Baumfreund. Mit viel Glück habe ich auch gerade noch das schönste Herbstgold erwischt.
Bei den Bienenständen habe ich leider nie den Imker bei der Arbeit angetroffen.
Was habe ich gelernt?
Neben allen Vorbereitungen gehört auch einfach Glück dazu. Fotostandorte, an denen man oft vorbeikommt, sind toll, weil man am Monatsende aus einer Zahl von Fotos das beste aussuchen kann.
Ohne Fleiß kein Preis. Der Hund musste geschont werden, ein Parkbesuch war nicht drin. Also muss man eben frühmorgens allein losstapfen, um das schönste Gold einzuheimsen. Das hatte sich auf jeden Fall gelohnt. Gut, dass ich die Baumreihe nicht auf 2020 geschoben habe. Dann wäre der Park oft geschlossen gewesen.
2020
Tja, eigentlich wären das doch perfekte Garanten guter Fotoreihen übers Jahr. Ich träumte von Touris auf den Booten und Sonnenhungrige am Ufer im Sommer. Die Weihnachtsmarktbuden im Dezember wären so stimmungsvoll gewesen. –
Und dann kam Corona.
Damit wurden sämtliche Ideen und Planungen hinfällig Zum Hafen bin ich nur morgens früh gekommen, um möglichst wenige Leute zu treffen.
Was habe ich gelernt?
Shit happens! Nehmen wir es als Zeitdokument.
Gut, dass mich mein zweiter Standort noch gerettet hat vor der absoluten Tristesse. Himmel, Wasser und Natur gehen immer….
Und 2021?
Jetzt rächt sich, dass ich mit geeigneten Standorten in den letzten Jahren allzu großzügig geaast habe. Nun ist ein neuer Gesichtspunkt aus den Erfahrungen des letzten Jahres hinzu gekommen: der Standort sollte auch unter Pandemie-Gesichtspunkten und Lockdown-Bedingungen geeignet sein.
Außerdem lehrt der hiesige schneereiche Januar, dass er auch bei 50 cm Schnee mühelos erreichbar sein sollte.
Na toll…
Trotzdem habe ich noch ein paar Kandidaten zusammenbekommen und Probefotos geschossen. Das hier sind die letztendlich durchgefallenen Blickwinkel:
Hat schon was bei Schnee. Nur bei 50 cm Höhe habe ich es nicht mehr bis dorthin geschafft… Und was passiert, wenn der Bauer im nächsten Jahr keine Bienenweide sondern Mais anbaut? Außerdem habe ich den exakten Standort beim zweiten Versuch einfach nicht wiedergefunden. Dann eben nicht.
Gut dass zwischendurch mal der Schnee geschmolzen war. Zwei Drittel des Fotos sind langweiliger grauer Feldweg….
Unten vom Ufer aus wäre es vielleicht schön, aber die Anlieger sperren (unrechtmäßiger Weise) im Sommer gern den öffentlichen (!) Seezugang ab. Das macht dann doch keinen Spaß.
Habt Ihr vermutet, dass obiges Foto vom Anfang schon mein diesjähriger Favorit wäre?
Dieser Standort kam schon in die engere Auswahl, wurde dann aber doch geschlagen. Und wie sieht nun mein 12tel-Blick-Standort 2021 aus? Naja, da müsst Ihr leider bis zum 30.1. warten, bis Eva ihre Verlinkung auf ihrem Blog öffnen wird.
Vielleicht habt Ihr auch Lust bekommen und sucht noch schnell einen geeigneten Fotostandort. Noch habt Ihr eine Woche Zeit. Seid mal spontan. Oder habt Ihr schon längst einen ausgewählt?
Wer einen Dom zehnmal gesehen hat, der hat etwas gesehen, wer zehn Dome einmal gesehen hat, der hat nur wenig gesehen, und wer je eine halbe Stunde in hundert Domen verbracht hat, hat gar nichts gesehen. Sinclair Lewis (1885-1951)
Das ist interessant und ich habe ganz ähnliche Erfahrungen gemacht. Ich habe vor allem gar nicht so lange durchgehalten. Deine Bilder haben mir immer gut gefallen. Aber ich achte inzwischen darauf, dass ich mir nicht auch noch beim Bloggen Terminstress zumute.
LG
Magdalena
Hallo Magdalena,
für mich ist das kein Stress, sondern Freude. Sonst würde ich nämlich nicht teilnehmen.
Liebe Grüße
Andrea
Geläufig ist mir diese Fotoaktion schon, aber ich habe bisher noch nicht in Erwägung gezogen, mitzumachen. Das könnte sich jetzt ändern, denn dein Beitrag ist wirklich inspirierend. Danke dafür.
LG
Siebensachen
Da haben wir Zwei also zum gleichen Zeitpunkt mit der 12tel-Blickerei angefangen… Warum ich damals mit meinem Garten angefangen habe, weiß ich nicht mehr, war es doch auch eines meiner Sabbatjahre…
Schön, dass du wenigstens deine Erkenntnisse dokumentiert hast! Ich hatte im vergangenen Jahr ein echtes Tief und keine Lust mehr, denn es war ja ein wieder aufgegriffener Blick und im Vergleich mit den sechs Jahren zuvor hätte es spannend werden können. Denkste! Deshalb habe ich den Korb diesmal tiefer gehängt und mache erst einmal. Landschaft in all ihrer Vielfalt kann ich nicht bieten, lange Streckenn unterwegs sein kann ich nicht. Also wird es wieder urban…
Gespannt bin ich schonn auf dein Motiv(e)…
GÖG
Astrid
Ich muss sagen, dass ich vielleicht nicht genau jeden Monat aber sehr häufig die Veränderungen bei Dir und div Mitblogger(innen) genauer ansehe.
Besonders schön fand ich zB die Bienenstöcke.
Bin gespannt, was als Nächstes kommt.
Liebe Grüße
Nina
Interessant was du im Laufe der Jahre an Erfahrungen mit dem 12tel Blick gesammelt hast. Ich bin gespannt auf deine diesjährige Auswahl…das Eingangsfoto gefällt mir schon sehr.
Lieben Gruß und einen gemütlichen Abend, Marita
Jaja, wir haben in den letzten Jahren echt was dazugelernt! Was für ein feiner Post. Ich freu mich seeeehr auf deinen neuen Blick!
wirklich ein spannener rückblick! meine lieblingsmotive bei dir waren der blick aufs schlösschen und die bienenstöcke. ganz toll für 2021 hätte ich dein vorletztes bild mit dem rosenbogen gefunden – ein echt gradioser blick!!
ich habe bisher dreimal a 12.ten blick teilgenommen, aber beim drittenmal frustriert abgebrochen,weil mein gartenblick wg der hitze 2018 so katastrophal aussah, dass es mir in der seele wehtat, diese vertrocknete ödnis zu fotografieren. inzwischen überlege ich aber schon seit einiger zeit, ob ich evtl einen standort für einen neuanfang finde. mal sehen…
liebe grüße
mano
Hallo Andrea,
spannend zu lesen, welche Erfahrungen du im Laufe der Jahre gemacht hast. Ich bin noch sehr unschlüssig, ob ich mitmache. Eine Idee für einen Blick hätte ich zwar, bin aber noch nicht ganz überzeugt. Ich werde die Zeit bis zum 30. einfach nochmal nutzen.
Auf deinen Blick bin ich schon sehr gespannt.
Liebe Grüße
Ivonne
Du machst es ja spannend! Das erste/letzte Bild wird schwer zu übertreffen sein 😉
Liebe Grüße!