“Creatures and Creations” – hört sich das nicht irgend wie nach irrwitzigen Kreaturen und spannenden Kreationen an? dachte ich, als ich zum ersten Mal diesen Blognamen las,und meine Neugierde war geweckt. So folgte ich Mila und staunte über ihre fantasievollen Werke aus Wolle und anderen Materialien und fand großen Gefallen an ihrem Stil der Handarbeit und ihren Blog zu führen.
Dass sie nicht nur Häkel-, Strick- und Nähnadel sicher und fein zu verwenden weiß, sondern auch ebenso künstlerisch mit der Sprache arbeitet, wird sie Euch gleich selber erzählen.
Hallo, liebe Mila!
1. Erzählst Du uns ein bisschen von Dir? Was machst du so, wenn Du nicht bloggst?
Ich verdiene mein Geld damit, fürs Fernsehen zu schreiben. Mehr oder weniger zum Vergnügen schreibe ich manchmal Romane.
Ansonsten habe ich zwei Kinder, treffe mich gerne mit Freunden und Freundinnen, engagiere mich vielfältig in meiner Stadt und handarbeite mit Leidenschaft. Im Sommer wühle ich am Wochenende öfters in der Gartenerde, doch meine großen
Erwartungen hinsichtlich der möglichen Erträge sind mittlerweile stark geschrumpft.
2. Creatures and Creations heißt Dein Blog. Wie bist Du auf den Namen
gekommen und warum hast Du die englische Version gewählt?
Alle Namen, die ich mir im Vorfeld überlegt hatte, waren schon belegt, als ich versucht habe, mir meine Adresse zu sichern.
Ich wollte aber unbedingt schnell losbloggen, deshalb habe ich improvisiert. Insofern steht hinter dem Namen ehrlich gesagt nicht viel an Überlegungen. Dass der Name englisch ist, hat neben den oben genannten Gründen damit zu tun, dass ich den Blog auch für meine amerikanische Freundin Lynn, die in Italien lebt, begonnen habe. Zu Beginn habe ich immer brav auf Deutsch und Englisch geschrieben, das ist mir aber zu arbeitsreich geworden. Lynn guckt sich auch gerne die Fotos an.
3. Wie hast Du zum Bloggen gefunden? Wie bist Du darauf gekommen, Dein handwerkliches Schaffen
ins Zentrum zu stellen?
Ich habe vor ein paar Jahren schon mal gebloggt. Zusammen mit drei anderen Schriftstellerinnen über unsere Schreibprozesse. Nach
einer Weile sind uns die Themen ausgegangen. Es ist recht langweilig, auf Dauer über das Schreiben zu schreiben. Ansonsten handarbeite ich viel, es war naheliegend dies bzw. den kreativen Prozess als solchen in den Fokus meines eigenen Blogs zu rücken.
4. Du wohnst in Köln. Was ist Heimat für Dich, was bedeutet sie dir? Könntest Du Dir auch
vorstellen ganz woanders zu leben?
Köln ist eine tolle Stadt mit vielen sehr offenen Menschen. Der Begriff „Heimat“ ist mir persönlich zu negativ besetzt, aber Köln ist mein Zuhause. Ich hätte sicher auch in vielen anderen Städten oder Orten mein Zuhause finden können, doch jetzt möchte ich nicht mehr hier
weg.
5. Was macht deine kreative Arbeit mit Materialien, z.B. Häkeln so anders, als die Arbeit mit
Worten? Wie behältst Du den langen Atem für deine Großprojekte?
Das Schreiben ist eine extreme Kopfarbeit. Ich kann daher schlecht abschalten und denke ständig über meine jeweiligen Projekte nach. Indem ich meine Hände beschäftige, lasse ich die Gedanken abschweifen und wandern. Ich erlebe die Handarbeit als eine Möglichkeit, meine Gedanken fließen zu lassen. Sie braucht Zeit und eine gewisse konzentrierte Ruhe, und genau das macht sie für mich so wertvoll.
Ansonsten ist mein Leben recht atemlos, ich fühle ich mich viel zu oft gehetzt.
Die Handarbeit bringt mich wieder runter, bringt mich zu mir selbst. Der lange Atem ist vor allem Selbstdisziplin geschuldet. Und meinem Wissen, dass manche Projekte eben einfach länger dauern, so schnell gebe ich dann nicht auf. Es ist auch nicht schlecht, sich selbst ein bisschen unter zeitlichen Druck zu setzen (beispielsweise indem klar war, an dem und dem Tag muss die Häkelkrippe aufgebaut werden), aber das läuft meiner eigentlichen Freude an der Handarbeit dann schnell zuwider.
6. Mit der Häkelkrippe, die Du für den 20. Kölner Krippenweg gefertigt hast, lässt Du uns
in eine ganz besonders zauberhafte Welt eintauchen, lässt uns nochmal Kind
sein. Woher hast Du Deine Inspirationen dafür geholt?
Inspirationen springen mich gerne überall an. Im Sommerurlaub in Ligurien habe ich überlegt, was ich für Tiergestalten für die einzelnen Krippen-Figuren wählen soll. Dabei bin ich ständig an kleinen Gotteshäuschen mit Madonnenfiguren vorbei gekommen. Deren lieblich-mildes Lächeln konnte ich allerdings so gar nicht mit dem in Verbindung bringen, was ich mir unter einer Frau wie Maria vorstellte. Schließlich hat sie hochschwanger die Flucht angetreten und zahlreiche Entbehrungen auf sich genommen, um ihr Kind zu retten.
Ich musste an das Weihnachtslied denken, in dem Maria ihn bittet, ihr dabei zu helfen, das Kind zu wiegen. Und in dem er ganz jämmerlich antwortet, dass er ja selbst kaum die Finger biegen kann. Irgendwie konnte ich ihn mir nicht als solches Weichei vorstellen. Mich hat gestört, dass er lächerlich gemacht wird, weil Maria ihm das Kind eines anderen angehängt hat. Jedenfalls fand ich, dass Josef ein
toller Mann gewesen sein muss. Nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen, entschlossen aus Menschlichkeit etwas durchzuziehen, egal was es ihn persönlich kostet, sehr loyal seiner Frau gegenüber. Für mich stand dann fest, Josef wird ein Bär.
7. Welche Materialien faszinieren Dich besonders und warum? Häkeln galt lange Jahre als
altmodisch. Du hast es mit deinem ganz eigenen Stil aufgefrischt. Wie würdest
Du ihn in wenigen Worten beschreiben?
Es freut mich ja sehr, dass du einen eigenen Stil bei meinen Sachen erkennen kannst. Ich selber finde, dass ich immer noch auf der Suche danach bin. Vielleicht habe ich insofern einen eigenen Stil, dass es mir nie darum gegangen ist, bloß nette kleine Tierchen zu häkeln. Ich wollte immer schon Geschichten mit ihnen erzählen. Meine Häkelwelten haben in meinen Augen zudem etwas sehr melancholisches. In ihnen sind all die Spielzeuge und Geschichten versammelt, die ich meiner ersten, verstorbenen Tochter nie schenken und nie erzählen durfte.
8. Du bist u.a. auch schriftstellerisch tätig. Fließen Elemente aus deiner Leidenschaft zur
Handarbeit gelegentlich auch ins fiktionale Geschehen mit ein? Und – inspiriert
Dich gelegentlich auch Literatur beim kreativen Schaffen mit Materialien?
Oh ja, bevor ich mich den Handarbeiten intensiver im realen Leben gewidmet habe, habe ich das Thema beim Schreiben diverse Male verarbeitet. In meinem Roman „Irgendwie mein Leben“ näht die Hauptfigur an einer Erinnerungsdecke, in der sie eigene Kinderkleidung sowie Babysachen verarbeitet, die sie für ihre verstorbene Tochter gekauft hat. Und in dem Roman „Morgen bist du noch da“ ist die Heldin eine Künstlerin, die mit textilen Materialien arbeitet, während ihre Freundin aus alten Kleidern neue Mode entwirft.
Was den Einfluss von Literatur auf meine Handarbeit angeht, so möchte ich dies noch ausweiten. Bisher habe ich mit meinen Häkelkreaturen vor allem Märchenfiguren aufgegriffen oder beispielsweise auf Moby Dick angespielt. Ich überlege aber auch, gestickte Illustrationen für meine bisher unveröffentlichten Kurzgeschichten anzufertigen. Mal sehen, vielleicht gedeihen diese Überlegungen dieses Jahr etwas weiter.
9. Ein Zitat aus „Alice in Wonderland“ von Lewis Carroll heißt Deinen Blogleser willkommen.
Warum hast Du es gewählt? Hat Dich dieses Buch besonders berührt?
Menschen, die intensiv handarbeiten, haben in den Augen von anderen Menschen ja schnell was Exzentrisches und Verrücktes an
sich. Mit dem Zitat will ich vor allem darauf hinweisen, dass in meinen Augen viel zu wenig Menschen hierzulande exzentrisch bzw. verrückt sind. Ansonsten habe ich für meine Kurzgeschichten u.a. in Oxford recherchiert und dafür im Christ College gewohnt. Genau dort befindet sich die Tür, durch die Alice ins Wunderland verschwunden ist, bzw. die Tür, die Lewis Carroll unter anderem zu der Geschichte inspiriert hat.
10. Kann auch das handwerkliche und handarbeitliche Schaffen die Welt ein wenig besser machen,
z.B. Grenzen kultureller Art überwinden?
Das ist eine interessante Frage. In erster Linie wird diese Welt natürlich nur besser werden, wenn Reichtümer gerecht verteilt werden und endlich niemand mehr von Kriegen profitiert. Aber im Kleinen spielt Handarbeit/ Handwerk schon eine gewisse Rolle.
Wenn ich handarbeite (oder auch Gemüse anbaue und es einmache oder ein Möbelstück fertige und und und…) dann weiß ich den Aufwand, der in Dingen steckt, die wir für selbstverständlich und leicht konsumierbar halten, erst wirklich zu schätzen. Und dann komme ich ins Grübeln darüber, wie es sein kann, dass diese Dinge für uns so billig sind. Und das Nachdenken bringt mich auf kritische Nachfragen, wer die Dinge denn hergestellt hat und zu welchen Bedingungen usw.
Zudem steckt in Handarbeiten/ im Handwerk ein großer kommunikativer Aspekt. Ich tausche mich mit anderen Menschen aus. Und durch den Austausch öffne ich meine Augen für sie und ihre Lebensvorstellungen und -bedingungen. Nachdenken und Kommunikation miteinander, das sind schon Aspekte, die einiges in der Welt besser machen könnten..
11. Wenn keiner hinsieht, dann…
… lege ich mich gerne noch mal ins Bett, lese, häkel oder sticke ein bisschen, bevor ich endgültig aufstehen muss.
12. Bloggerfrage von Ulma: Welchen für dich essenziellen Gegenstand hast
du in mehrfacher Ausführung immer zur Verfügung, ohne dir ihn jemals selbst
gekauft zu haben? (Gummiringerl und Kugelschreiber gelten nicht, hehe.)
Zur Hand habe ich eigentlich keinen, bzw. alle essenziellen Gegenstände habe ich mir selber gekauft. Aber meine Füße treten im nackten Zustand gerne mal auf Legosteine. Und diese Steinchen würden meine Kinder schon als nahezu essenziell bezeichnen. Und ich habe nichts davon gekauft.
13. Welche Frage würdest Du gerne der nächsten Bloggerin, die auf meinem Blog vorgestellt wird,
weitergeben?
Hast du ein Lieblingsmärchen – oder eine Lieblingsgeschichte? Welches Symbol fällt dir ein, das dafür stehen könnte? (Strenggenommen sind es zwei Fragen…)
Ganz herzlichen Dank, liebe Mila für Deine interessanten Antworten. Komm, lass uns mit einem Zitat aus “Alice in Wonderland” enden.
I’m afraid so, but let me tell you something, the
best people usually are.”
Hach…die Mila….ich freue mich, denn ich mag sie sehr! Ein zauberhaftes Interview! Ich hoffe ja, sie trinkt irgendwann mit mir mal einen Kaffee…;-). LG Lotta.
Schön, Mila mal hier zu treffen. Die reflektierte Häklerin sozusagen. Aber anders kriegt man so ein Werk nicht hin wie ihre Krippe, die sagenhafte. Und dann ist Mila auch wieder eine, die loslegt mit Handarbeiten, ohne zu wissen, wohin es geht. Insofern ist sie in der "Szene" schon ein Solitär…
Einen schönen Tag euch Beiden!
Astrid
wie schön und interessant ! bei mila schaue ich immer sehr gerne vorbei 🙂
lg und auch dir einen wunderbaren tag
anja
Schön über Mila hier noch so vieles erfahren zu haben, was mir neu ist. Ihr Blog ist was ganz eigenes, so ganz anders, als die anderen, und auch als meiner.
Und gerade deshalb finde ich es dort so spannend. Mila regt mich zum Nachdenken an, oft denke ich beim Lesen, Gott ist sie intelligent und tiefschürfend, Ja, das alles macht ihren Blog für mich interessant und lesenswert!
Liebste Grüße, Monika
Wirklich interessant zu lesen, aber bei Mila ist es ja eigentlich immer spannend. Ich freue mich auch immer wieder auf ihren Blog gestoßen zu sein.
LG Jennifer
…schön zu lesen und ein bisschen hinter die Kulissen zu schauen, liebe Mila und liebe Andrea,
und jetzt schaue ich mir den Blog mal an, bin neugierig geworden,
lieber Gruß Birgitt
Liebe Andrea,
wie du es nur immer schaffst, so interessante Personen für deine Interviews auszuwählen.
ich bin schon wieder begeistert!
Ich fand es unheimlich spannend einmal mehr von Mila zu erfahren.
Sie ist so interessnat und kreativ. Und dabei noch so sympathisch. Einfach toll.
Liebe Grüße an euch beide
Jutta
Liebe Andrea, vielen Dank für das wundervolle Interview. Du hast wieder einmal genau die richtigen Fragen gestellt ;)) Ich mag Mila's Blog so gerne.. er ist für mich einer der kreativsten im Bloggerreich.. immer ein Augenschmaus und sprühend vor Energie und Schaffenslust.. einfach mitreizend.. dazu ihre klugen Denkanstöße.. einfach klasse!! Und Mila.. das Du für das Fernsehen schreibst, wusste ich ja schon. Aber das Du auch schon einige Bücher veröffentlicht hast, ist ganz neu für mich.. grins.. da werde ich doch gleich mal googeln ;)) Herzlichst, Nicole
das mit das und dem dass kann ich sonst eigentlich.. kicher.. und mitreizend ist auch schön.. oder??!
Das war jetzt ein Genuss… Milas Blog habe ich durch die Sommer-Mailart "Sommerfrüchtchen" kennengelernt und war sofort begeistert von ihren Ligurien-Impressionen. Schön jetzt hier soviel mehr zu erfahren, was die Frau hinter dem Blog ausmacht, ein bisschen genauer in ihr Leben und ihre Erfahrungen hineinschauen. Ihr prozesshaftes kreatives Arbeiten mag ich sehr, den offenen Ausgang einkalkulieren, und Umwege gehen können. Hach, schön, ihr beiden! Lieben Gruß Ghislana
Mila – wie schön dich hier zu treffen!
Andrea stellt einfach immer so feine Fragen!
Gestickte Illustrationen für deine Kurzgeschichten… wie spannend! Darauf würde ich mich sehr freuen!
Liebe Mila,
das war sehr interessant und schön, von Dir so einw enig mehr zu erfahren!
Danke dafür an Dich und an Andrea, die so schöne Fragen gestellt hat.
Ich wünsche Dir einen schönen Tag und einen guten Start in ein wunderschönes Wochenende!
♥ Allerliebste Grüße, Claudia ♥
Wunderschön, dich hier zu lesen, Mila, und vielen Dank an die Gastgeberin für das Interview und die schönen Fragen!
LG. Susanne
Schönes Interview und nett, dass man so ein bisschen Hintergrund erfährt…ich bin ja immer neugierig.
Annette
thank you for the thoughtful questions for our friend Mila! I'm glad to find your site.
liebe mila, deine blogbeiträge sind immer für mich ein höhepunkt und ich freue mich immer auf einen neuen! es war spannend, noch ein bisschen mehr über dich zu erfahren. und an dich liebe andrea: vielen dank für deine fragen, die einen wirklich zum nachdenken bringen (ha, ich rede da aus eigener erfahrung!!).
liebe grüße, mano
Danke für das schöne Interview. Tolle Fragen. Besonders gut gefallen hat mir Frage zehn, eines meiner Themen. Milas Blog habe ich durch die Adventspost 2015 gefunden.
Viele Grüße, Angelika
essenziell also fürs nicht-vergessen, wie sich schmerz anfühlt, der gerade nicht als richtiger schmerz durchgeht, auch wenn er super unangenehm ist – fürs imstillenleiden sozusagen 🙂